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FAQ

Sektionsredner

Christiana Werner, M.A. (Essen)
Hat die fiktionale Rede eine illokutionäre Rolle?

Abstract

Hat die fiktionale Rede eine illokutionäre Rolle?

In der Debatte um die fiktionale Rede ist die Frage nach deren illokutionärer Rolle eine der meist diskutiertesten. In dem viel beachteten Aufsatz The logical status of fictional discourse definiert John R. Searle die fiktionale Rede als das Vorgeben echter Sprechakte. Die fiktionale Rede hat, dieser These zufolge, keine eigene illokutionäre Rolle, obwohl sie ein eigenes Sprachspiel mit Konventionen ist. Die hat sie deshalb nicht, weil die Regeln der ernsthaften Sprechakte keine Gültigkeit haben. Jede Regel beinhaltet ihren Verstoß, dieser ist aber keine eigene Handlung, so wie das Lügen für Searle kein eigener Sprechakt ist.

Gegen die Ansicht, der fiktionalen Rede eine eigene illokutionäre Rolle zuzuweisen, spricht nach Searle folgendes Problem: Ein Satz ist eine Funktion der illokutionären Rolle einer Äußerung, d.h. dass z.B. ein Satz in Aussageform eine andere Bedeutung hat als ein Satz in Frageform. Wenn ein Satz in fiktionaler Rede verwendet würde, um ganz andere Sprechakte zu vollziehen als sich aus seiner wörtlichen Bedeutung ergibt, dann müsste er eine andere Bedeutung haben. Also müsste jeder, der behauptet, mit fiktionaler Rede würde ein eigener illokutionärer Akt vollzogen, auch annehmen, dass Wörter in fiktionalen Texten nicht ihre normale Bedeutung haben.

Gegen Searles These lassen sich einige Argumente anführen: Auch in Speech Acts geht Searle davon aus, dass es Aspekte einer sprachlichen Äußerung gibt, die die illokutionäre Rolle determinieren. Zu diesen sog. illokutionären Indikatoren zählt er u. a. auch die Satzform. Da es aber genügend Beispiele dafür gibt, dass mit Sätzen in z.B. Frageform auch Äußerungen getan werden, die von der Frage verschiedene illokutionäre Rolle haben, zeigt sich, dass die Satzform die illokutionäre Rolle nicht bestimmt. Es ist zwar möglich, dass performative Verben oder die Satzform auf die illokutionäre Rolle hinweisen, sie determinieren sie aber nicht.

Die von Searle skizzierten Schwierigkeiten hinsichtlich der Bedeutung der Wörter eines Satzes in fiktionaler Rede, bekommt nur, wer akzeptiert, dass die illokutionäre Rolle Auswirkungen auf die Bedeutung hat. Diese These impliziert die Sprechakttheorie nicht zwangsläufig, Austin beispielsweise vertritt in dieser Frage die gegenteilige Position.

Searle spricht in seinem Aufsatz davon, dass nur ein phatischer und ein phonetischer Akt vollzogen werden. Seiner Terminologie folgend gehören zu einem vollständigen Sprechakt jedoch noch der propositionale und der illokutionäre Akt. Dass der illokutionäre Akt nicht vollzogen wird, scheint sich aus seiner These, dass dieser nur vorgegeben würde, zu ergeben. Jedoch wird im Fall der fiktionalen Rede offensichtlich auch kein propositionaler Akt vollzogen. Searles Schwierigkeit besteht nun darin, dass er den propositionalen Akt so versteht, dass er nicht eigenständig ohne den illokutionären Akt durchgeführt werden kann. Wenn er also an seiner Unselbstständigkeitsthese festhalten will, bleibt ihm im Fall der fiktionalen Rede, der er eine illokutionäre Rolle abspricht, nichts anderes übrig, als davon auszugehen, dass bei der fiktionalen Rede auch kein propositionaler Akt vollzogen wird. Bedeutung wird in beiden übrigen Akten jedoch weder in Speech Acts, also von Searle, noch von Austin, von dem Searle diese Terminologie übernimmt, verortet. Dann stellt sich aber die Frage, warum er die fiktionale Rede als bedeutungsvoll ansieht.

Eine weitere Frage, die sich stellt ist, was das Vorgeben einer illokutionären Handlung für eine Art von Handlung sein soll, wenn nicht auch eine illokutionäre? Ähnlich wie das Lügen ist für Searles auch das Vorgeben eines illokutionären Aktes durch Suspendierung einiger oder aller Regeln, die für den Sprechakt der Behauptung Geltung haben, zu verstehen. Searle könnte zugestanden werden, dass jede Regeln ihren Verstoß gewissermaßen impliziert. Daraus folgt jedoch nicht, dass mit fiktionaler Rede, durch die Tatsache, dass bestimmte Gelingensbedingungen nicht zutreffen, keine illokutionäre Handlung vollzogen wird. Im Gegensatz zu anderen Fällen des Vorgebens einer Handlung, werden bei der fiktionalen Rede alle Teilhandlungen vollzogen, die auch bei „echten“ Sprechakten vollzogen werden.

In diesem Beitrag soll dafür plädiert werden, dass mit einer bedeutungsvollen Äußerung, die phonetischen, phatischen und rhetischen Akt – um Austins Terminologie zu verwenden – beinhaltet, immer auch ein illokutionärer Akt vollzogen wird. Auch wenn die fiktionale Rede als vorgebliche Behauptung definiert werden könnte, sollte diese Handlung als illokutionäre beschrieben werden.

Literatur:

Austin, John L.: How to do things with words. Cambridge (Mass.): 1962.

Searle, John R.: Speech Acts. An Essay in the Philosophy of Language. Cambridge:

1969.

Searle, John R.: The Logical Status of Fictional Discourse. In: Ders.: Expression and

Meaning. Studies in the Theory of Speech Acts. Cambridge: 1979, S. 58-75.

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