Sektionsredner
Professor Dr. Uwe Voigt (Bamberg) - Curriculum Vitae
Der Ort der Geisteswissenschaften in einem Modell der interdisziplinären Beziehungen
Abstract
Interdisziplinäre Beziehungen untereinander, aber auch und gerade mit den Natur- und Sozialwissenschaften sind für die Geisteswissenschaften von großer und stetig zunehmender Bedeutung. Um so mehr überrascht es, dass die Wissenschaftstheorie sowohl im Allgemeinen als auch im Hinblick auf die Geisteswissenschaften das Thema der interdisziplinären Beziehungen weitgehend außer Acht lässt. Dieses Desiderat beruht offenbar darauf, dass die Wissenschaftstheorie weithin von impliziten Modellen interdisziplinärer Beziehungen geleitet wird, die noch dazu meistens aus der Wissenschaftstheorie der Naturwissenschaften stammen. Dieser Beitrag verfolgt daher zwei Ziele:
1. In einem "Modell der Modelle" glt es, die implizit vorhandenen Modelle interdisziplinärer Beziehungen zu explizieren. Dazu dient ein Schema binärer Fragen, das aufdeckt, auf welchen grundsätzlichen Entscheidungen die vorfindbaren impliziten Modelle jeweils beruhen. Die erste Verzweigung beruht dabei auf der Frage, ob es mehr als eine Wissenschaft gibt oder nicht, und führt zu monistischen bzw. pluralen Modellen. Die pluralen Modelle gliedern sich wiederum in pluralistische Modelle, die keinen Kontakt zwischen einzelnen Wissenschaften vorsehen, und Kontakt-Modelle, denen zufolge es einen derartigen Kontakt gibt. Die Kontakt-Modelle lassen sich weiter im Hinblick darauf differenzieren, ob der Kontakt durch gemeinsame Methode, gemeinsamen Gegenstandsbereich oder wechselseitige Kooperation gestiftet wird.
2. Von den Geisteswissenschaften her sind die aufgefundenen Modelle zu evaluieren. Dabei stellt es sich heraus, dass die monistischen Modelle weitgehend ein Erbe der klassischen Wissenschaftstheorie der Naturwissenschaften sind, in dem sich die Geisteswissenschaften kaum wiederfinden können. Bei den pluralistischen Modellen handelt es sich um eine alte, aber unter dem Druck aktueller Theoriedynamik zunehmend nicht mehr haltbare Abgrenzungsstrategie der Geisteswissenschaften. Bei den Kontakt-Modellen empfiehlt sich schließlich das Kooperations-Kontakt-Modell als dasjenige, das den Geisteswissenschaften am ehesten angemessen ist.
Dieses Ergebnis wirft auch Licht auf die Natur der Geisteswissenschaften als Kooperations-Wissenschaften.
Curriculum Vitae von Professor Dr. Uwe Voigt
- Bis 1985: Philosophie, Theologie, Psychologie (Bamberg, Innsbruck). Abschluss: Dipl.Theol.
- 1996: Das Geschichtsverständnis des Johann Amos Comenius in Via lucis als kreative Syntheseleistung. Vom Konflikt der Extreme zur Kooperation der Kulturen (Bamberg)
- 2007: Moderne Informationsbegriffe und aristotelische Seelenlehre: Ein aktuelles Problem und ein antikes Lösungsangebot (Bamberg)
- Otto-Friedrich-Universität Bamberg
- Antike, mittelalterliche und frühneuzeitliche Philosophie
- Philosophie des Geistes und der Psychologie
- Interkulturelle Philosophie
- 1993 - 2007: Wiss. Mitarbeiter bzw. Assistent am Lehrstuhl für Philosophie I der Univesität Bamberg
- 2007 - ?: Vertreter des Lehrstuhls für Philosophie I der Universität Bamberg
- Das Geschichtsverständnis des Johann Amos Comenius in Via lucis als kreative Syntheseleistung. Vom Konflikt der Extreme zur Kooperation der Kulturen, Frankfurt am Main u.a. 1996
- (als Mithg.) Die Menschenrechte im interkulturellen Dialog, Frankfurt am Main u.a. 1998
- Moderne Informationsbegriffe und aristotelische Seelenlehre: Ein aktuelles Problem und ein antikes Lösungsangebot, Würzburg 2008 (im Erscheinen)