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Sektionsredner

Dr. Hans Otto Seitschek (München) - Curriculum Vitae
Politischer Messianismus. Heilsvorstellungen in politisch-weltlichen Systemen

Abstract

Das Konzept des „politischen Messianismus“, wie es Jacob Leib Talmon (1916-1980) geprägt hat, verbindet ursprünglich transzendente Heilsvorstellungen mit den politisch-weltlichen Ideologien totalitärer Systeme. So lassen sich in den Totalitarismen des 20. Jahrhunderts weltliche Heilsvorstellungen finden, die zu verheerenden Entfesselungen von Gewalt und Terror geführt haben und noch führen können.

Im Werk Talmons überschneiden sich Themen der politischen Theorie, Philosophie, Religion und Geschichte. Dabei zeigen sich deutlich Talmons mentalitätsgeschichtlicher Ansatz und seine ideengeschichtliche Methode, die beide seine totalitarismuskritische Forschung als philosophische Geschichtsschreibung charakterisieren. Talmon unterscheidet liberale und totalitäre Entwicklungslinien der Demokratie. Die totalitären Entwicklungslinien zeigen sowohl auf ihrer rechten, nationalistischen als auch auf ihrer linken, sozialistischen Seite politisch-messianistische Züge. Die gemeinsamen Wurzeln von liberaler und totalitärer Demokratie gehen auf die europäische Philosophie des 18. Jahrhunderts zurück, insbesondere in Frankreich: Diese Denkrichtungen, in denen die „natürliche Ordnung“ (ordre naturel) – exemplarisch sei hier nur Jean-Jacques Rousseau genannt – eine große Rolle spielt, weisen, so Talmon, deutlich messianistische Züge auf, die in den totalitären Entwicklungslinien hervortreten: Das heißt, sie geben eine utopische, heilbringende Zielvorstellung der Geschichte vor, auf die die Menschen in messianischer Erwartung eines Heilszustandes ausgerichtet werden. Der Heilszustand bringt der Gemeinschaft der Auserwählten Wohlergehen, wohingegen diejenigen, die nicht zum Heil erwählt sind, dem Untergang geweiht sind. Diese Zielvorstellung wird durch eine apokalyptische Umwandlung der Welt und damit des Menschen ins Werk gesetzt. Mit „neuen Menschen“ in einer „neuen Welt“ soll ein immerwährender Zustand des Heils bereits im Diesseits erreicht werden. Folglich ist der politische Messianismus mit jeder Offenbarungsreligion unvereinbar. In letzter Konsequenz ist die Erwartung des heilbringenden Zieles, das als Wahrheit verkündet wird, so mächtig, daß die Menschen bereit sind, jeden Weg zu gehen, um als Auserwählte zu diesem Ziel zu gelangen.

In den totalitären Regimen des 20. Jahrhunderts, die sich als „politische Religionen“ auswirken, erreicht die Wirkkraft des politischen Messianismus ihren grausamen Höhepunkt. Mit dem politischen Messianismus als Konzept philosophischer Geschichtsschreibung weist Talmon der Totalitarismuskritik neue Wege.

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Curriculum Vitae von Dr. Hans Otto Seitschek

Studium:
  • Bis 2000: Philosophie, Psychologie, Katholische Theologie (Ludwig-Maximilians-Universität, München (LMU)). Abschluss: M.A.
Promotion:
  • 2005: Politischer Messianismus (LMU)
Habilitation:
  • geplant: Christliche Metaphysik (LMU)
Derzeitige Universität oder Institution:
  • Ludwig-Maximilians-Universität, München
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Religionsphilosophie
  • Religion und Politik
  • Praktische Philosophie, Normenbegründung
Berufliche Stationen:
  • seit 2002: Wissenschaftlicher Assistent
  • 2005 - 2008: Studienberater
Wichtigste Publikation(en):
  • Politischer Messianismus, Paderborn u.a.: Schöningh 2005.
  • (als Hg.) Sein und Geschichte. Max Müller zum Gedenken, Freiburg i. Br., München: Alber [gepl. 2009].
  • "Thomas von Aquin und die nichtchristlichen Religionen", in: Freiburger Zeitschr. f. Theologie u. Philosophie (FZPhTh), 53 (2006) 1/2, S. 7-20.
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