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FAQ

Sektionsredner

Dr. Susanne Schmetkamp (Basel, CH)
Achtung oder Anerkennung? Über die Verbindung zweier vermeintlich unversöhnlicher Begriffe

Abstract

„Achtung“ und „Anerkennung“ sind, so könnte man wohl sagen, schillernde Begriffe: so faszinierend wie unklar, so mehrdeutig wie vielseitig verstanden. Sie gehören zu den zentralen wiederbelebten Schlagworten zeitgenössischer Moralphilosophie und Politischen Philosophie, tauchen im Zusammenhang mit „Menschenwürde“ ebenso auf wie mit „kultureller Andersheit“, im Zusammenhang mit „Toleranz“ wie mit „Wertschätzung“. Im allgemeinen Sprachgebrauch zwar häufig synonym gebraucht, repräsentieren sie theoriesprachlich zwei unterschiedliche intersubjektive Prinzipien, die inkompatibel erscheinen: die Achtung der Gleichheit und allgemeinen Freiheit oder die Anerkennung der Differenz und konkreten Freiheit. Diese Alternative möchte ich auflösen und beide Begriffe in eine Konzeption integrieren, in der sie sich als komplementär erweisen.

Zunächst gilt es dazu, die Begriffe und ihre Bedeutungen klar abzustecken. Was meinen wir, wenn wir von Achtung, was, wenn wir von Anerkennung sprechen? Insbesondere der Begriff der Anerkennung unterliegt – je nach philosophischer Perspektive – divergierenden Einschätzungen. Dabei wird er, i.d.R. aus liberalistischer Sicht, häufig verkürzt der Achtung gegenüber- oder in deren Schatten gestellt.

Achtung wird zu einem universalistischen, kontexttranszendenten Prinzip nach Lesart der Kantischen Ethik stilisiert, während Anerkennung auf einen relativen, kontextabhängigen, nicht einforderbaren Wert reduziert wird. Achtung ist normativ mit Gleichheit, Anerkennung mit Besonderheit konnotiert, zwei scheinbar diametral gegenüber stehende Ausrichtungen in der Ethik (vgl. etwa Gosepath, 2004; Forst, 1996 u. 2003). Die Kritik an Anerkennungstheorien wird indes meines Erachtens weder der Anerkennung gerecht noch nimmt sie die Achtung ernst genug.

Anerkennung ist gleichwohl, so meine Behauptung, genauso wie Toleranz (Forst 2000) ein normativ abhängiger Begriff; selbst zwar normativ, bedarf er der Achtung noch als normativer Grundlage. „Anerkennung“ steht aber damit nicht im Gegensatz zur Achtung, sondern verhält sich komplementär zu ihr. Besondere Anerkennung baut auf der universellen Achtung auf. Umgekehrt bleibt aber auch die basale Achtung ohne eine weitergehende Anerkennung leer oder stößt zumindest an Grenzen; das ihr adäquate normative Objekt muss daher inhaltlich gefüllt, lebenskonzeptionell konkretisiert werden.

Man könnte es auch anders ausdrücken: Achtung bedeutet (bloß) prima facie die universelle Achtung des Anderen ohne Konkretion (vgl. etwa die Verknüpfung von „Liebe“ und „Achtung“ bei Kant durch Baron, 2002) – wir leben nicht nur als Gleiche unter Gleichen, als Freie unter Freien. Wir drücken uns und unsere Freiheit auch über etwas Besonderes – besondere Anlagen, besondere Bedürfnisse – aus. Gleichzeitig bedeutet Anerkennung (bloß) prima facie die Anerkennung der Differenz. Anerkennung ergänzt das, was bei der grundlegenden Achtung zu wenig Raum erhält (oder bislang erhielt, wie Taylor, 1994, ausführt), sie kommt umgekehrt aber nicht ohne die Achtung als Grundlage aus.

Ich möchte mich den genannten Fragen und Unklarheiten zum vermeintlichen Gegensatz und zur möglichen Versöhnung der beiden Prinzipien vor allem am Beispiel einer Untersuchung widmen, die m.E. in der Forschung zu wenig beachtet wurde: Stephen Darwall hat bereits 1977 den Versuch unternommen, die Kantische Achtung (ihre Verwendung in der Metaphysik der Sitten) als personale Achtung in zwei Dimensionen zu lesen: als grundlegender „recognition respect“ und als differenzorientierter „appraisal respect“. Ich werde diese Unterscheidung (und Darwalls späterhin, 2006, darauf aufbauende Theorie des Second-Person-Standpoint) untersuchen und kritisch beleuchten. Dabei möchte ich auch die Frage klären, ob Darwalls Unterscheidung notwendig und hinreichend ist oder ob nicht gar noch eine weitere Differenzierung vorgenommen werden muss, so dass man Darwalls Aufsatztitel „Two Kind of Respect“ (1977) letztlich modifizieren könnte, ja vielleicht sogar müsste zu „Two Kinds of Recognition Respect“.

Daran anknüpfend werde ich am Ende die konstitutive Bedeutung dieser Spezifizierung für eine politische Ethik umreißen können: Eine aktuelle Theorie der Achtung ebenso wie eine der Anerkennung muss eine sein, deren Prinzipien (Achtung und Anerkennung) gemeinsam und plural auf pluralistische Herausforderungen antworten, ohne dabei die Grundlage der einen – der universellen Achtung – aus den Augen zu verlieren und ohne gleichzeitig auch nur auf dieser zu verharren. Ziel ist es, eine umfassende, integrative Konzeption dieser für die Politische Philosophie und Moralphilosophie so wichtigen Prinzipien entwickeln zu können, die den Gegensatz zwischen Achtung und Anerkennung auflöst und somit Fragen zu Gleichheit und Differenz gemeinsam zu beantworten versucht.

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