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Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

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FAQ

Sektionsredner

Thomas Schmäcke, M.A. (Lingen)
Die These, dass die Welt ein Computer ist, ist unwiderlegbar

Abstract

Die herrschende Philosophie sieht sich in einer Lebenswelt als vorgefundendem unbegreifbaren Rahmen. Gegen die Möglichkeit die Welt als Ganze zu betrachten, scheinen schon die logischen Antinomien, insbesondere der Gödelsche Unvollständigkeitssatz und das Halteproblem zu sprechen. Ich setze dagegen an, dass die Welt ein Computer ist. Man bräuchte dann nur noch das ablaufende Computerprogramm anzugeben, um die ganze Welt vollständig zu beschreiben.

Die These, dass die Welt ein Computer ist, ist prinzipiell unwiderlegbar: Jedes Argument besteht letztlich nur aus einer Bitfolge, die man in einen Computer eingeben kann (wie dieses Exposé). Wie sollen Bitfolgen die These widerlegen können, dass die Welt ein Computer ist?

Zu den üblichen Anforderungen an explizit ausformulierte formale Beweise gehört zudem, dass man sie als Bitfolge darstellen und von einem Algorithmus überprüfen lassen kann. Ob etwas ein Beweis ist, muss durch einem Computer entscheidbar sein.

Manche Argumente behaupten die Existenz von Dingen, die von Computern nicht erfassbar sind. Das generelle Problem dieser Argumente ist, das sie die Existenz dieser Dinge nicht beweisen können. Wären diese Dinge nämlich durch die Argumente, die ja selbst Bitfolgen sind, beweisbar oder erfassbar, dann wären sie eben schon erfassbar. Die Pointe bei der Widerlegung dieser Argumente ist deshalb immer wieder, dass es die vom Computer nicht erfassbaren Dinge gar nicht gibt.

Dazu wird die Ontologie des Computers angesetzt: Einer Tatsache lässt sich ein „Tatsachenbit“ zuordnen, das genau dann 1 ist, wenn die Tatsache vorliegt. Einer Aussage lässt sich ein dem entsprechenden Tatsachenbit korrespondierendes „Aussa­genbit“ zuordnen (das im interessierenden Fall, in dem die Aussage getroffen wird, 1 ist). Das die Wahrheit der Aussage erfassende „Wahrheitsbit“ wird genau dann auf 1 gesetzt, wenn Aussagenbit und Tatsachenbit übereinstimmen (ist also im interessierenden Fall gleich dem Tatsachenbit).

Die Antinomie im Satz „Dieser Satz ist nicht wahr.“ kommt nun dadurch zustande, dass der Satz aussagt, dass das Tatsachenbit die Negation des Wahrheitsbits ist. Der Satz stellt also eine unerfüllbare Forderung an das Tatsachenbit. Damit ist der Satz nicht einfach nur falsch, was heißen würde, dass die Tatsache nicht vorliegt, d.h. dass das Tatsachenbit 0 wäre. Sondern die Tatsache liegt in einem ganz anderen, viel radikaleren Sinn nicht vor. Man kann der vermeintlichen Tatsache gar kein Tatsachenbit zuordnen. In genau diesem Sinn ist der Satz unsinnig.

Gödels Satz „Dieser Satz ist nicht beweisbar.“ schafft auch keine der Turing-Berechenbarkeit unzugängliche Tatsache. Er ist nicht wahr und unbeweisbar, sondern ebenfalls unsinnig. Dies zeigt der Vergleich mit einem parallelen Satz wie (*) „Dieser Satz ist nicht wissbar.“, dessen Unsinnigkeit deutlicher ins Auge springt. Einerseits würde aus seiner Falschheit seine Wahrheit folgen, denn wenn er nicht „nicht wissbar“, also wissbar wäre, müsste er wahr sein. Andererseits würde auch aus seiner Wahrheit seine Falschheit folgen: Zunächst einmal fällt zwar nur auf, dass die Annahme der Falschheit zum Widerspruch führen würde; damit scheint (*) also wahr zu sein; indem wir uns davon überzeugen, können wir also scheinbar wissen, dass (*) wahr ist; dies steht aber im Widerspruch zur Aussage von (*).

Es gibt allerdings tatsächlich wahre Sätze, die nicht beweisbar sind. Der Beweis der Unlösbarkeit des Halteproblems zeigt, dass in Computern wahre Aussagen gebildet werden können, deren Wahrheit niemand berechnen/beweisen oder sonstwie einsehen kann.

Das Halteproblem zeigt, dass die Welt in folgendem Sinne unvollständig ist: Es gibt eine wohldefinierte Folge aus lauter Nullen, von der sich nicht berechnen/beweisen lässt, dass sie aus lauter Nullen besteht. Diese Tatsache ist also nicht als einzelnes Bit Teil der Welt, sondern nur in dem (schwachen) Sinn, dass eben die unendliche Folge bzw. das sie generierende Programm, das eine endliche Beschreibung dieser unendlichen Folge gibt, Teil der Welt ist. Man kann dieser Tatsache zwar ein Tatsachenbit zuschreiben, aber dieses Tatsachenbit ist nicht Teil der Welt, es ist völlig unzugänglich.

Da die Welt in diesem Sinne unvollständig ist, muss auch jede Theorie der Welt unvollständig bleiben. Die Tatsachen, die nur als unendliche Folge Teil der Welt sind, lassen sich prinzipiell nicht in Form eines Bits fassen; man kann also nicht sagen, ob sie vorliegen oder nicht. Der naheliegende falsche Schluss ist nun zu glauben, dass ein Computermodell der Welt deshalb auch in dem Sinne unvollständig ist, dass es die Welt nicht ganz erfassen kann, dass die Welt also mehr als ein Computer sein muss. Dieser Fehlschluss beruht auf der als selbstverständlich angenommenen, aber durch die Unlösbarkeit des Halteproblems widerlegten Prämisse, dass alle Tatsachen in einem Computer bzw. in der Welt dort berechenbar und somit durch ein einzelnes Bit repräsentiert/repräsentierbar sind.

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