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Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

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Sektionsredner

Professor Dr. Nikolaos Psarros (Leipzig) - Curriculum Vitae
Platon und die Trinität – eine handlungstheoretische Deutung

Abstract

Es ist allgemein bekannt, dass in der platonischen Philosophie die Triadität eine zentrale Rolle einnimmt. Nicht nur bestehen menschliche Seele und Staat aus drei Bereichen, die einander entsprechen. Im Dialog „Nomoi“ erfahren wir, dass auch die institutionelle Staatsverwaltung – das, was wir heute den Staatsapparat nennen würden – ebenfalls dreiteilig ist. Sie besteht aus dem Königsamt, dem Rat und der Volksversammlung. Darüber hinaus wird im selben Dialog auch eine „geopolitische“ Triade ausgemacht, die für die Eudämonie der Stadt bzw. des Staates genauso wichtig ist, wie die drei esteren. Sie besteht aus den Elementen Staatsziel, Staatsstruktur und Staatsvolk, die ebenfalls in einem Entsprechungsverhältnis zu den drei Fakultäten der Seele und den drei Ständen der „Politieia“ stehen. Der Vergleich dieser Trinitäten ergibt, dass der vernünftige Teil der Seele, der Regentenstand, das Königsamt und das Staatsziel einen Entsprechungsbereich bilden. Einen zweiten Entsprechungsbereich bilden der mutartige Seelenbereich, der Kriegerstand, der Rat und die Staatsstruktur. Diese beiden Bereiche sind einem dritten Entsprechungsbereich gegenübergestellt, der den begehrenden Seelenbereich, den Arbeiterstand, die Volksversammlung und das Staatsvolk umfasst.

Diese drei Entsprechungsbereiche können als die Kernauffassung der Platonischen Anthropologie betrachtet werden: die Form des menschlichen Lebens besteht aus einem normativen Bereich, der die Inhalte und die Richtung vorgibt, einem faktischen, der sich auf das Hier und Jetzt einer menschlichen Gemeinschaft bezieht und einem performativen, dessen Aufgabe darin besteht, die normativen Vorgaben umzusetzen und die faktischen Begebenheiten auf das Normative zu beziehen.

Ein weiteres Gebiet, in welchem Platon eine triadische Struktur ausmacht, ist die Sprache: Im Dialog Kratylos wird behauptet, dass die Sprache eine performative Mittlerrolle zwischen Idee und Einzelgegenstand einnimmt – dass sie gewissermaßen das Medium der Methexis ist. Dass das Verhältnis zwischen Idee, Sprache und Einzelgegenstand in dieses Schema passt, mag nicht besonders überraschend sein, da Erkenntnistheorie und Anthropologie miteinander innig verbunden sind. Überraschend ist es jedoch, dass das triadische Schema auch die Grundlage der platonischen Naturphilosophie darstellt, wie von Timaios vorgetragen wird: Noch vor der Entstehung des Himmels seien Seiendes, Werden und Raum entstanden – als Bedingungen der Entfaltung der Kraft des Schöpfers. Das Seiende nimmt in dieser Trias eindeutig die Rolle des Normativen ein, da es das Wesen des schöpfenden Gottes abbildet (Tim. 30 b-d). Der Raum ist der Ausdruck des Faktischen, in welchem sich die Schöpfung vollzieht (Tim. 31c-32c), und das Werden der Ausdruck des Performativen, da die Welt als erzeugtes Abbild Gottes nicht ewig sein kann (Tim. 37d).

Die Frage nach dem Grund der triadischen Auffassung aller Aspekte des Seins bei Platon hat seit jeher die Philosophie beschäftigt. Eine Parallelität zur trinitarischen Gottesauffassung des Christentums ist offensichtlich, kann aber keine Erklärung bieten. Verweise auf zahlenmystische, pythagoreische und religiöse Einflüsse sind als Erklärungsansätze unbefriedigend, 1. weil sie die eigentliche Frage nach dem Ursprung der trinitarischen bzw. triadischen Betrachtungsweise nicht beantworten, und 2. weil sie der Rationalität der platonischen Ausführungen nicht gerecht werden. Denn, wenn Platon sowohl den Menschen als auch die Welt als Ganzes im Rahmen einer trinitarisch verfassten Einheit betrachtet, deren Teile als das Normative, das Performative und das Faktische bestimmt werden können, dann muss dies daran liegen, dass er sich an einem realen Vorbild oder Phänomen orientiert, das diese universelle Struktur besonders deutlich zum Ausdruck bringt.

Meine These ist, dass dieses Phänomen die Handlung ist. Eine Handlung ist ein prozessuales, raumzeitlich einheitliches Phänomen, in welchem drei begrifflich voneinander unabhängige Bereiche unterschieden werden können, die zwar nicht als einzelne in Erscheinung treten, aber für das Verständnis der Handlung gleichermaßen notwendig sind: Handlungsschema, aktualisierte Handlung und Handelnder. Das Handlungsschema ist normativ, da es die Kriterien für die korrekte Durchführung und die Gelingensbedingungen der Handlung vorgibt. Die aktualisierte Handlung ist der faktische Bezug des Handlungsschemas auf das Hier und Jetzt. Der Handelnde schließlich ist der Träger der Performativität der Handlung, der Vermittler zwischen Handlungsschema und aktualisierter Handlung. Vor dem Hintergrund dieser pragmatischen Deutung zeigt sich, dass Platon nicht nur die Welt der Menschen, sondern das gesamte Weltgeschehen als Handlung begreift. Er kann somit als der Startpunkt einer pragmatischen, monistischen und antimystischen Philosophietradition betrachtet werden, die über Aristoteles, Thomas von Aquin und Spinoza bis an Hegel und moderne pragmatisch-phänomenologische Ansätze heranreicht.

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Curriculum Vitae von Professor Dr. Nikolaos Psarros

Studium:
  • Bis 1983: Chemie, Philosophie (Würzburg, Marburg). Abschluss: Dipl.Chem.
Promotion:
  • 1988: Wechselwirkungen von Fluorid mit dem Metabolismus des oralen kariogenen Bakteriums S. mutans FA-1 (Marburg)
Habilitation:
  • 1997: Die Methode der Chemie – Aufbau einer normativen Prototheorie der Chemie (Marburg)
Derzeitige Universität oder Institution:
  • Leipzig
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Philosophische Anthropologie
  • Theoretische Philosophie
  • Wissenschaftsphilosophie
Berufliche Stationen:
  • 1983 - 1992: wiss. Mitarbeiter Uni Marburg, TU München
  • 1998 - 2005: Heisenberg Stipendiat Uni Leipzig
  • 2006: Lehrkraft f. besondere Aufgaben Uni Leipzig
Wichtigste Publikation(en):
  • Die Chemie und ihre Methoden, Monographie, 1999
  • Facets of Sociality (Hersg. mit K. Schulte-Ostermann), 2007
  • Facetten des Menschlichen, Monographie, 2007
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