Sektionsredner
Dr. Klaus Prätor (Berlin) - Curriculum Vitae
Logik und Handlung im Computer
Abstract
Allgemeiner Zusammenhang
Zunächst ist festzuhalten, dass die Informatik den Computer nicht primär als naturwissenschaftlichen Gegenstand behandelt, sondern von ihm in einem Paradigma von Sprache und Handlung spricht. Das beginnt schon auf der technischen Ebene, wo die Elektronik mittels Logikschaltungen realisiert wird, Diese Schaltung werden mit dem Quine-McCluskey-Verfahren entworfen, womit ein Sprachphilosoph und Logiker hier namensgebend Eingang gefunden hat.
Noch deutlicher wird das Paradigma auf der Ebene der Programmierung und Datenbanken, wo es sich in „Befehlen“ und „Datensätzen“ zeigt, was bei genauem Hinsehen keine zufälligen und als solche entbehrliche Metaphern sind. Die Nähe von Computer und Logik wird ja auch weitgehend durchaus als nahe liegend empfunden. Überraschend ist schon eher die Tatsache, dass die Realisierung der Logik auf dem Computer gar nicht so einfach und unproblematisch ist. Eine vollständige Prädikatenlogik erster und zweiter Stufe entzieht sich der Berechenbarkeit, so dass existierende Implementierungen, wie die Programmiersprache Prolog sich auf eine Untermenge, in diesem Fall die so genannten Hornklauseln beschränken. Andere Probleme resultieren daraus, dass Logik z.B. aufgrund der inhärenten Monotonie für bestimmte Aufgaben nicht geeignet ist.
Planungskalküle
Neben Diagnoseexpertensystemen sind Planerstellungsverfahren viel diskutierte Ansätze, die ihren Ursprung im Bereich der Künstlichen Intelligenz haben. Blockwelten (z. B. Winograd), in denen Blöcke auf einer Grundfläche von einer Greifhand manipuliert werden, sind das klassische Anwendungsfeld dieser Systeme. Diese Welten wirken zwar künstlich, modellieren aber einen Großteil der Probleme automatisierten Planens. In dieser Welt wird durch eine Reihe von Operationen jeweils eine Situation in eine andere überführt bis schließlich die gewünschte Zielsituation erreicht ist. Im logikbasierten Situationskalkül (McCarthy / Hayes) werden Situationen als Mengen von Merkmalen bestimmt. Zusammen mit gewissen Operatoren lässt sich die Erreichbarkeit von Zielsituationen über deren Ableitbarkeit bestimmen. Eine grundsätzliche Schwierigkeit dieses Vorgehens zeigt sich im so genannten Rahmenproblem (frame problem), das darin besteht, dass Merkmale nicht einfach für die Folgesituation gelten, dass also gesagt werden muss, welche Merkmale sich durch eine Operation nicht verändert haben. Die Aussage, dass sich alle nicht genannten Merkmale nicht geändert haben lässt sich erst mit der Prädikatenlogik zweiter Stufe formulieren – und dafür gibt es keine effizienten Implementierungen.
Das macht den Situationskalkül für praktische Probleme schnell unhandhabbar. Es gibt natürlich Lösungsvorschläge, so der Ansatz mit Eigenschaftsvariablen von Kowalski oder die Bibelschen Konnektionsbeweise. Praktisch hat sich allerdings zunächst das STRIPS-Verfahren mit Ziel-Mittel-Analyse durchgesetzt, was später hinsichtlich der technischen Effizienz wesentlich verbessert wurde, zugleich aber den Übergang vom Paradigma der Inferenz zu dem der Suche bedeutete. Interessanterweise rechneten seine Urheber (Fikes / Nilsson) es aber zunächst den logikbasierten Systemen zu.
Meine These ist, sehr kurz gesagt, dass die Lösung des Rahmenproblems innerhalb des logischen Paradigmas dort möglich wird, wo die Logik nicht nur die Situationen beschreibt, sondern die Operatoren der Blockwelt selbst in die Inferenz einbezogen werden, oder, anders gesagt, die Handlungsschritte die in der logischen Inferenz vollzogen werden, in geeigneter Weise auf das Planungsproblem angewandt werden.
Konstruktive Logik
Der Bezug auf Handlungsschritte in der Inferenz setzt eine Logik voraus, die mit dieser Begrifflichkeit arbeitet. Dies gilt in besonderer Weise für die konstruktive Logik, die ihre pragmatische Begründung zum Programm gemacht hat. An sie anzuknüpfen hat für das vorgenannte Feld der Planung die Schwierigkeit, dass das pragmatische Umfeld der konstruktiven Logik Dialoge in der Form von Zwei-Personen-Nullsummen-Spielen, die nun nicht ohne weiteres mit dem der Planungswelten in Bezug zu setzen sind. Es gibt auch andere Probleme, über deren Ernsthaftigkeit gestritten wird. So wird z.B. die Rahmenregel, dass gegen den letzten Angriff zuerst verteidigt werden müsse, oft als nachträglich und willkürlich empfunden. Sie lässt sich begründen, aber in der Tat legt die äußere Form der Dialoge diese Unterscheidung nicht nahe. Mein Vorschlag ist, die dialogische, zugleich aber spieltheoretische Fassung der Regeln durch eine kollaborative Aufgabenlogik zu ersetzen, wo ähnliche Rahmenregeln gelten. Dabei würde dann aber eine Negation einer Negation nicht an gleicher Stelle auftauchen, wie die ursprüngliche Affirmation und das genannte Missverständnis wäre vermieden. Zugleich, und noch wichtiger, wäre damit eine Formulierung erreicht, die Anschluss an die Art des Einsatzes der Logik im Computer ermöglicht und zwar angefangen vom Schaltwerk bis zur Planung der Blockwelten.
Curriculum Vitae von Dr. Klaus Prätor
- Bis 1972: Philosophie, Germanistik (später: Informationswissenschaft, Informatik) (Erlangen). Abschluss: M.A.
- 1975: Praktische Philosophie als Basis curricularer Entscheidungen (RWTH Aachen)
- Logikprogrammierung
- Sprachphilosophie
- Handlungstheorie
- 1972 - 1984: wiss./Hochschulassistent TH Aachen
- 1986 - 1999: Entwicklung Informationssysteme
- 1999 - 2008: Leiter IT BBAW
- Eine grammatikbasierte Integration von Hypertext und wissensbasierten Systemen, in: Forum Linguistische Datenverarbeitung Heft 1/1992
- Hypertext und Handlungskoordination. Zur Rekonstruktion einiger früher Groupware-Ansätze in den Zeiten des Web,
- Individuen und Referenzobjekte, in: Bernhard, Peckhaus: Methodisches Denken im Kontext