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Sektionsredner

Dr. Olivia Mitscherlich (St. Gallen, CH) - Curriculum Vitae
Der Mensch als Geheimnis. Helmuth Plessners Theorie des „homo absconditus“

Abstract

Die Flut historischer und ethnologischer Forschungen zu den geschichtlichen Formen menschlichen Lebens konfrontieren nicht weniger mit der Frage nach einem innersten Kern des Menschseins als die Fortschritte der modernen Biowissenschaften. Auf der einen Seite wird die Frage nach einem Proprium des Menschseins, das sich nicht wirkkausal erklären und infolgedessen auch nicht "nachkonstruieren" läßt, durch die Erfolge der Naturwissenschaften immer drängender. Auf der anderen Seite erfährt unser Verständnis des Menschseins durch die Untersuchungen seiner historischen Genese eine grundlegende Infragestellung.

Ich möchte in meinem Vortrag die These vertreten, daß die Aktualität des Plessnerschen Denkens darin besteht, daß er weder einseitig von der menschlichen Geschichtlichkeit noch von der menschlichen Natürlichkeit ausgeht, um über das Wesen des Menschen nachzudenken. Mit seiner zugleich natur- und geschichtsphilosophisch angelegten Lebensphilosophie wahrt er vielmehr von Anfang an die Heterogenität menschlichen Seins. In seinem naturphilosophischen Hauptwerk "Die Stufen des Organischen und der Mensch" fragt er solcherart zur natürlichen Verwiesenheit des Menschen auf geschichtliches Selbstentwerfen durch. Parallel dazu reflektiert er insbesondere in seiner geschichtsphilosophischen Schrift "Macht und menschliche Natur" auf die natürliche Ohnmacht des Menschen. Trotz aller Macht zum geschichtlichen Selbstentwurf bleibt der Mensch - bis in seine geschichtliche Selbstverständigung hinein - als physisches Ding von den Gesetzen der Naturkausalität und als Lebewesen von den Gesetzen des Überlebens abhängig.

Im Zentrum dieser doppelten Verwiesenheit der natürlichen Lebensbedingungen und der kulturellen Selbstverständigung tut sich - so meine These - die Rätselhaftigkeit des Menschen auf. Indem Plessner das Wesen des Menschen als nicht vollständig vergegenständlichbares Geheimnis festhält, gelingt ihm ein doppelter Schachzug. Zum einen kann er das menschliche Sein in seiner vollen Breite berücksichtigen und sich Zugang zu den Erkenntnissen sowohl der Natur- als auch der Geisteswissenschaften verschaffen. Wenn Plessner dem Menschen seine Rätselhaftigkeit bewahrt, so geschieht dies nämlich nicht als Gegenprojekt zu den von den modernen Wissenschaften vermittelten Erkenntnissen, sondern vielmehr im Durchgang durch die Erkenntnisse dieser Wissenschaften. Zum anderen und damit zugleich unterläuft die Gefahr einer Selbstabschließung seiner Überlegungen zu bloßen Theorien über den Erkenntnisgegenstand "Mensch". Indem Plessner den Mensch in seinem Kern als Geheimnis festhält, reduziert er ihn nicht zum bloßen Gegenstand theoretischer Erkenntnis, sondern bewahrt ihm die Kraft seinerseits auf die theoretischen Erkennntis überzugreifen. Philosophische Anthropologie verkommt damit nicht zur bloßen Theorieschmiede - mit dem zufälligen Erkenntnisgegenstand "Mensch" -, sondern bewahrt sich das Potential zu philosophischer Selbstüberprüfung angesichts des Geheimnisses des Menschseins.

Praktisch wird diese Theorie folglich nicht durch Anwendung ihrer Erkenntnisse auf die einzelnen Fälle menschlichen Seins, sondern vielmehr im klassischen Sinn des Strebens nach Weisheit. Sie stellt damit keinen theoretischen Maßstab zur Verfügung, um in bioethischen Konfliktfällen zu entscheiden, sondern konfrontiert mit einer letzten Maßstabslosigkeit, die menschliches Sein überhaupt erst ermöglicht.

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Curriculum Vitae von Dr. Olivia Mitscherlich

Studium:
  • Bis 2000: Philosophie, Geschichte (Tübingen, Paris I, Bochum, FU Berlin, HU Berlin). Abschluss: MA
Promotion:
  • 2005: Natur und Geschichte. Helmuth Plessners in sich gebrochene Lebensphilosophie (Potsdam)
Derzeitige Universität oder Institution:
  • St. Gallen
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Anthropologie
  • Metaphysik und Religionsphilosophie
  • Philosophie der 20ger Jahre
Berufliche Stationen:
  • 09.2005 - 08.2006: Post-doc-Fellowship am Swedish Collegium for Advanced Study in Uppsala
  • seit 09.2006: Oberassistentin am Fachbereich für Philosophie (Prof. Thomä) der Universität St. Gallen
Wichtigste Publikation(en):
  • Natur und Geschichte. Helmuth Plessners in sich gebrochene Lebensphilosophie
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