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Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

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FAQ

Sektionsredner

Andrea Lailach, M.A. (Berlin) - Curriculum Vitae
Ein Argument für die intersubjektive Bedingtheit von Selbstbewusstsein

Abstract

Die menschliche Lebenswelt, behauptet Löwith, ist Mitwelt, da das menschliche Dasein durch das »In-der-Welt-sein«, das »In-der-Welt-sein« aber durch sein »Mitsein« bestimmt ist. Diese Überlegung will Löwith verdeutlichen, indem er mittels einer phänomenologischen Strukturanalyse des Miteinanderseins aufweist, dass der Mensch als selbstbewusstes Individuum grundlegend durch den Anderen bestimmt ist. „Das wirkliche Ich" so Löwith, "ist nur das Ich, dem ein Du gegenübersteht..".

Doch inwiefern ist das Selbst durch den Anderen bestimmt? Dass sich der Einzelne in seinem Selbstverständnis als soziale und moralische Person im Verhältnis zu anderen bestimmt, ist sicher unstrittig. Philosophisch interessanter ist die Frage, ob der Andere auch schon für grundlegendes Selbstbewusstsein notwendig ist, wenn man unter "grundlegegendem Selbstbewusstsein" das Haben von Ich-Gedanken versteht. In dieser Formulierung handelt es sich bei der Frage nach dem mitweltlichen Verhältnis von »ich selbst« und »den anderen« um die Frage nach den intersubjektiven Bedingungen von Selbstbewusstsein. Diese Frage hat eine klare erkenntnistheoretische Ausrichtung: Die Behauptung intersubjektiver Bedingungen stellt nämlich eine Möglichkeit dar, den Problemen einer solitären Rechtfertigung des Wissens von den eigenen mentalen Zuständen zu begegnen.

In dem Vortrag soll ein Argument vorgestellt werden, das für eine intersubjektive Bedingtheit von Selbstbewusstsein spricht. Löwiths phänomenologische Strukturanalyse wird damit auf eine argumentative Basis gestellt, denn die Notwendigkeit des Anderen wird nicht mehr bloß phänomenologisch aufgewiesen, sie wird argumentativ begründet.

Das Argument lautet:

SB-IN

1. Ein Individuum I hat genau dann Selbstbewusstsein, wenn I an sich als an sich selbst denken kann.

2. I kann nur dann an sich als an sich selbst denken, wenn I sowohl Begriffe hat, die auf von I verschiedene Dinge zutreffen können, als auch über Begriffe verfügt, die auf von I verschiedene Individuen zutreffen können.

3. I hat nur dann Begriffe, die auf von I verschiedene Dinge und Individuen zutreffen können, wenn I Umgang mit von I verschiedenen Dingen und wechselseitige Interaktionen mit von I verschiedenen Individuen hatte.

Ergo:

4. Wenn I Selbstbewusstsein hat, dann hat I Umgang mit von I verschiedenen Dingen und wechselseitige Interaktionen mit von I unterschiedenen Individuen gehabt.

Das Argument ist logisch gültig. Seine Überzeugungskraft hängt somit von der Plausibilität der einzelnen Prämissen ab.

Die erste Prämisse beinhaltet die Definition des Begriffs "Selbstbewusstsein". Ein Individuum, dem Selbstbewusstsein zugesprochen werden kann, kann sich auf sich selbst als sich selbst beziehen; es hat einen Begriff von sich selbst. Das bedeutet, dass das Individuum bestimmte mentale Zustände als seine eigenen begreift und über die Fähigkeit verfügt, sich selbst als Träger mentaler Zustände zu verstehen.

Widerspruch gegen diese Prämisse ist von Seiten der Verteidiger der Möglichkeit eines nicht-begrifflichen Selbstbewusstseins erhoben worden. Selbstbewusstsein, glauben sie, liege schon dann vor, wenn ein Individuum über eine spezifisch subjektive Erfahrungsperspektive verfüge. Das Verfügen über einen Begriff von sich selbst sei für die Zuschreibung von Selbstbewusstsein nicht notwendig. Eine Theorie, die diesen Vorschlag verteidigen will, müsste jedoch erklären können, wie die spezifische Struktur der reflexiven Selbstbezugnahme ohne Rückgriff auf begriffliche Kompetenzen seitens des Individuums bestimmt werden kann. Im Vortrag wird konkret gezeigt, weshalb diese Vorschläge scheitern.

Die zweite Prämisse beinhaltet die von Strawson und Evans aufgestellte Bedingung, der zufolge ein mentales Prädikat nur dann sinnvoll auf einen selbst angewendet werden kann, wenn es zugleich für die Zuschreibung mentaler Zustände an andere Individuen verwendet werden kann. Die Annahme, dass eine "Reihe unterscheidbarer Individuen" eine notwendige Bedingung für die sinnvolle Anwendung mentaler Prädikate ist, wird im Vortrag verteidigt. Daraus folgt: Für die Anwendung mentaler Prädikaten auf sich selbst, ist die Annahme einer Reihe unterscheidbarer Individuen, die jeweils Gegenstand der Zuschreibung mentaler Prädikate sein können, notwendig ist.

Die Argumente für die dritte Prämisse haben eine lange Traditionslinie. Sie reicht von von Hegel und Fichte über Meads Theorie des Selbst bis hin zu Davidsons einheitlicher Handlungs- und Bedeutungstheorie. Im Vortrag wird Meads Überzeugung verteidigt, der zufolge ein Individuum nur dann als selbstbewusst gelten, wenn es über einen Begriff von sich selbst verfügt, den es in intersubjektiven Handlungs- und Kommunikationsprozessen erworben hat.

Gelingt es die Prämissen zu verteidigen, dann erweist sich, dass für das Haben von Ich-Gedanken der Andere tatsächlich eine notwendige Bedingung ist. Und es zeigt sich, weshalb "nur das Ich, dem ein Du gegenübersteht" ein "wirkliches Ich" ist.

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Curriculum Vitae von Andrea Lailach, M.A.

Studium:
  • Philosophie, Dt. Literatur (Humboldt-Universität)
Promotion:
  • 2008: Intersubjektive Bedingungen von Selbstbewusstsein (Humboldt-Universität)
Derzeitige Universität oder Institution:
  • Humboldt-Universität
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Philosophie des Geistes
  • Erkenntnistheorie
Berufliche Stationen:
  • wiss. Assistenz
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