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FAQ

Sektionsredner

Bettina Kremberg, M.A. (Leipzig) - Curriculum Vitae
Sprachliche Tiefenstrukturen in Heideggers Seinsgeschichte

Abstract

SPRACHLICHE TIEFENSTRUKTUREN

IN HEIDEGGERS SEINSGESCHICHTE

BETTINA KREMBERG

Aus der ablehnenden Haltung der Darstellungsforschung gegenüber entstehen immer wieder viele Verdächtigungen und Vorurteile gegenüber metawissenschaftlichen Positionen der Darstellungsforschung, die das Positiv-Empirische und Kausale weniger in den Vordergrund rücken. Am Beispiel der Anwendung von Hayden Whites metageschichtlichem Ansatz auf Martin Heideggers seinsgeschichtliches Denken möchte ich die Tragweite der tropologisch-narrativen Forschung für die Philosophie vorstellen. Die exemplarische Interpretation soll verdeutlichen, dass die darstellungsorientierte Dimension der Philosophie nicht nur etwas Geheimnisvolles, Unklares oder per se Rhetorisches, sondern vielmehr etwas Erhellendes und sich auf Sachfragen bzw. inhaltliche Debatten Niederschlagendes ist. Ich möchte auf die tiefensprachliche Dimension hinweisen, die durch die Anwendung von Tropologie und Narratologie auf bestimmte Formen geschichtsphilosophischen Denkens eröffnet werden kann.

Martin Heideggers so genanntes ‚seinsgeschichtliches Denken’ ist dabei mindestens aus zwei Gründen ein spannender wie lohnender Untersuchungsgegenstand: Zum einen vor allem, weil Heideggers seinsgeschichtliches Denken für manche sicher noch schwieriger zu verstehen ist als seine Daseinsanalyse in Sein und Zeit. Zum anderen eröffnet Heideggers so genannte Seinsgeschichte eine geschichtsphilosophische Dimension, die mit solchen wie denen von Hegel, Nietzsche oder Marx durchaus vergleichbar ist. Sie bietet wie diese ein Orientierungswissen, das − meines Erachtens nach und so weit ich das überblicke − noch nicht vollständig begriffen wurde.

Bei der Platzierung von verschiedenen Formen der Geschichtsschreibung bzw. Geschichtsphilosophien legt Hayden White in seinem narrativ-tropologischen Kombinationsmodell sein Augenmerk vor allem auf die Gesamttextstruktur, also das ‚Gesamtbild’ eines Denkens, und unterscheidet zwischen drei Strategien, von denen Historiker und Geschichtsphilosophen gleichermaßen Gebrauch machen können, um verschiedene Versionen von Plausibilität zu erzeugen. Historiographische und geschichtsphilosophische Narrationen verfügen nach ihm also über bestimmte Erklärebenen. Diese entsprechen bestimmten Strategien, Texte narrativ zu organisieren. Doch dieser narrativen Dimension ist eine noch tiefer liegende, die tropologische, untergebaut, die die narrative Dimension präfiguriert. Mittels Tropen können die vorstrukturierenden Faktoren erkannt, erfasst und für eine bewusste Rezeption und Interpretation genutzt werden.

White weist nun an historiographischen, geschichtsphilosophischen und verschiedenen entwicklungstheoretischen Denkansätzen nach, wie eine tropisch-poetische Organisation des zu fassenden Phänomenbereiches die jeweiligen Plotstrukturen der verschiedenen Großerzählungen vorprägen und wie sich in diese Grundraster verschiedene Erklärungsstrategien ‚wahlverwandtschaftlich’ einpassen. Tropen und die entsprechenden Sprachprotokolle fungieren also für ihn als logische Instrumente zur rhetorischen, narrativen und inferenziell-argumentativen Strukturierung von Erklärungen. White leitet aus seinen Analysen die These ab, dass der dominante Tropus und das dazugehörige sprachliche Protokoll die ‚irreduzibel metageschichtliche Grundlage’ nicht nur jeder historischen oder geschichtsphilosophischen, sondern auch verschiedener entwicklungstheoretischer Ansätze bildet. Dieses tropenanalytische Modell möchte ich auf Heideggers Seinsdenken anwenden.

Für eine tiefensprachliche Analyse ist Heideggers Sprache nicht nur wegen ihrer Neologismen, teilweise weit hergeholten Etymologien und grammatikalischen Unvertrautheit eine besondere Herausforderung, sondern auch, weil nicht immer ganz klar geschieden ist, ob Heidegger als Autor von oder über etwas spricht, oder ob er selbst das Sprachrohr bzw. das Medium ist, durch das sozusagen ‚die Sprache selbst’ spricht. Die Worte sind vom Text her tatsächlich oft auf eine Art semantisch eingebunden, dass sie nicht mehr Handlungen eines autonom entscheidenden und sich frei Ziele setzenden Subjektes sind.

Mit der darstellungsformorientierten Metatheorie von Hayden White lassen sich also die sprachlichen Signale der frühen und der späten Konzeption Heideggers systematisch besser als bisherige Interpretationen sichten, differenzieren, sortieren, analysieren und verorten. Die Fragen des Zusammenhangs von tiefensprachlicher Darstellungsform und inhaltlichem Denkkonzept können also besonders interessant sein. Die Untersuchung des Einsatzes bestimmter aus der Rhetorik stammender Darstellungsformen kann also durchaus fruchtbar sein für die Philosophie.

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Curriculum Vitae von Bettina Kremberg, M.A.

Studium:
  • Bis 2000: Philosophie, Kulturwissenschaften, Kunstgeschichte, Geschichte (Leipzig, HU Berlin). Abschluss: HSA
Promotion:
  • 2008: Seinsvergessenheit im Narrativismus. Zur Bedeutung sprachlicher Tiefenstrukturen im Geschichtsdenken von Hayden White und Martin Heidegger (Leipzig)
Derzeitige Universität oder Institution:
  • Leipzig
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Sprachphilosophie
  • Erkenntnistheorie
  • Geschichtsphilosophie
Berufliche Stationen:
  • 2003 - 2008: Promotionsstipendiatin (mit Unterbrechung)
Wichtigste Publikation(en):
  • Kremberg, B., Totzke, R. (Hg.), Sprache − Symbol − Kultur. Methodenreflexionen in der Philosophie, Leipzig, Universitätsverlag, im Erscheinen.
  • Kremberg, B., Teilhabe, Vernunft und Bildung - Der Begriff der Mitbestimmung in seiner Kooperationsproblematik, in: Kremberg, B. (Hg.), Mitbestimmung und Hochschule, Shaker Verlag, Aachen 2006.
  • Kremberg, B., Was heißt authentisch reden? Über männliche Sprache und weibliches Sprechen, in: Virgun, Sibel, Gender und Raum, Edition der Hans Böckler Stiftung 152 , Düsseldorf 2005, S. 77-91.
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