Kontakt: Universität Duisburg-Essen, Institut für Philosophie, Stichwort: Kongress 2008, Universitätsstr. 12, 45117 Essen - Tel.: 0201/183-3486, E-Mail: infodgphil2008.de
Sektionsredner

Eine Auflistung der Sektionsredner finden Sie in alphabetischer Sortierung unter nachfolgendem Link


Verzeichnis der Sektionsredner

Download Programm

Unter folgendem Link können Sie sich das Gesamtprogramm als PDF (1 MB) herunterladen: Download PDF.

Kontakt

Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

Institut für Philosophie
Stichwort: Kongress 2008
Universität Duisburg-Essen
Universitätsstr. 12
45117 Essen

Häufig gestellte Fragen

Sollten Sie Fragen haben, schicken Sie eine E-Mail an info dgphil2008.de. Möglicherweise finden Sie auch bei den häufig gestellten Fragen eine Antwort.


FAQ

Sektionsredner

Anke Knevels (Essen) - Curriculum Vitae
Vergangenheitssätze im Rahmen einer justifikationistischen Semantik

Abstract

Ein Dummettscher Antirealist, also ein Justifikationist, der den semantischen Gehalt von Sätzen durch deren Rechtfertigungsbedingungen expliziert, muss wie jeder Bedeutungstheoretiker, der eine vollständige Bedeutungstheorie entwerfen möchte, auch die Bedeutung von Vergangenheitssätzen angeben können.

Vergangenheitssätze wie ‚Gestern kam Willi zu Besuch’, ‚Damals ist es sehr regnerisch gewesen’, ‚Wilhelm I. krönte sich 1861 zum preußischen König’, stellen aber für den semantischen Antirealisten prima facie eine besondere Herausforderung dar.

Denn, um seinen eigenen Prinzipien treu zu bleiben, muss der Dummettsche Antirealist angeben, wie sich das Verstehen der Vergangenheitssätze im Handeln des Sprechers/Hörers manifestiert. Da nun der semantische Gehalt nach justifikationistischer Theorie durch die kanonischen Rechtfertigungsbedingungen angegeben wird und somit auch das Verstehen der Sätze in der (impliziten) Kenntnis der Rechtfertigungsbedingungen bestehen muss, müsste eine Manifestation des Verstehens von Vergangenheitssätzen eben in der Manifestation der Kenntnis von deren Rechtfertigungsbedingungen bestehen.

Empirische Sätze wie z.B. ‚Die Katze liegt auf der Matte’ und ‚Die Straße ist nass’ werden kanonisch durch Beobachtung auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft. Dass jemand diese Sätze versteht, manifestiert sich darin, dass er, wenn er mit der entsprechenden Situation konfrontiert ist, diese Sätze als wahr akzeptiert. Man kann nun derlei Sätze nach justifikationistischer Theorie auch verstehen, ohne dass die Möglichkeit der Manifestation des Verstehens faktisch gegeben ist; es ist lediglich unerlässlich für eine überzeugende Rekonstruktion der Bedeutung von Sätzen, dass sich deren Verstehen im Prinzip manifestieren kann. Bei empirischen Sätzen über die Gegenwart ergibt sich offensichtlich keine Schwierigkeit mit der prinzipiellen Möglichkeit, da sich eine Konfrontation mit einer entsprechenden Situation herbeiführen lässt. Die Situationen, in denen Vergangenheitssätze direkt, also nach kanonischem Verfahren, als gerechtfertigt erkannt werden können, sind jedoch für gegenwärtige Sprecher/Hörer nicht mehr zugänglich. Das direkte Verfahren bestünde darin, sich an die Ort-Zeit-Stelle des berichteten Geschehens zu begeben. Dies scheint aus prinzipiellen und nicht rein kontingenten Gründen nicht möglich zu sein. Im Fall von Sätzen über weit enfernte Orte jedoch ist es unstrittig, dass wir es hier mit lediglich kontingenten Hindernissen, die Sätze als gerechtfertigt zu erkennen, zu tun haben.

Im Vortrag soll der Frage nachgegangen werden, ob sich uns bei Sätzen über die Vergangenheit tatsächlich prinzipielle Hindernisse in den Weg stellen, sie als gerechtfertigt zu erkennen. Es ist zu prüfen, ob im Rahmen eines justifikationistischen Ansatzes nicht dafür argumentiert werden kann, dass es sich bei dem Lebenszeitpunkt (ähnlich wie bei dem Lebensort) einzelner Menschen lediglich um einen kontingenten Umstand handelt, der somit auch keinen prinzipiellen Grund dafür darstellt, den Gehalt eines Satzes nicht auf direktem Wege auf seine Wahrheit hin überprüfen zu können.

Zur Stützung dieser These soll aufgezeigt werden, dass jeglicher zeitanzeigende Ausdruck als indexikalisch verstanden werden muss. Ein Vergangenheit-anzeigender indexikalischer Ausdruck trägt als solcher – so die These – nichts zum propositionalen Gehalt des Satzes bei. Er fungiert lediglich als Anzeiger des Äußerungszeitpunktes und gibt somit etwas über die Äußerungsumstände des Satzes zu verstehen.

Im Sinne dieser Auffassung von der Rolle Vergangenheit-anzeigender indexikalischer Ausdrücke wird die These aufgestellt, dass der propositionale Gehalt einer Äußerung, in der Vergangenheit-anzeigende indexikalische Ausdrücke vorkommen, ohne Rest von einem ‚ewigen Satz’ ausgedrückt werden kann. Ein Satz wie ‚Damals ist es sehr regnerisch gewesen’ wäre etwa folgendermaßen wiederzugeben: ‚Von Anfang Februar 1998 bis Mitte April 1998: es ist sehr regnerisch’; wobei der Ausdruck ‚ist’ hier zeitlich neutral verwendet wird. Im Vortrag sollen auch Grenzen und mögliche Schwierigkeiten dieser These diskutiert werden.

Wichtig ist nun, dass zur Rekonstruktion des semantischen Gehaltes von Sätzen im Sinne des Justifikationismus, die Bedingungen der Rechtfertigung von Sätzen anzugeben sind. Wenn die propositionalen Gehalte der Sätze Gegenstand der Rechtfertigungsbemühungen sind und wenn sich Sätze mit Vergangenheit-anzeigenden indexikalischen Ausdrücken restlos in ‚ewige Sätze’ transformieren lassen und wenn gilt, dass es für die Frage, ob ein Satz prinzipiell auf seine Wahrheit hin direkt überprüft werden kann, nicht darauf ankommt, welcher Mensch diese Prüfung vornimmt, dann stellen Vergangenheitssätze kein spezifisches Problem für eine justifikationistische Bedeutungstheorie dar.

  • nach oben
  • zum Kalender

Curriculum Vitae von Anke Knevels

Studium:
  • Bis 2005: Philosophie, Germanistik (Duisburg-Essen). Abschluss: 1. Staatsexamen
Promotion:
  • Wie verstehen wir Vergangenheitssätze? (Arbeitstitel) (Duisburg-Essen)
Derzeitige Universität oder Institution:
  • Duisburg-Essen
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Erkenntnistheorie
  • Sprachphilosophie
Berufliche Stationen:
  • 2006: wissenschaftliche Mitarbeiterin
  • nach oben
  • zum Kalender