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Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

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Universität Duisburg-Essen
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FAQ

Sektionsredner

Lars Klinnert (Iserlohn) - Curriculum Vitae
Bioethische Entscheidungsfindung zwischen partikularem Ethos und transpartikularer Moral. Ein Stufenmodell zur Identifizierung und Berücksichtigung sozialer Geltungsreichweiten

Abstract

Medizinische Konfliktsituationen sind in plurale Entscheidungskontexte eingebettet. Daher können sie in der Regel sowohl als Frage des gelingenden Lebens als auch als Frage des gerechten Handelns wahrgenommen werden. Allerdings erfolgt der Übergang zwischen personal- und sozialethischen Argumentationen nicht nur fließend, sondern leider häufig auch unreflektiert. Mithilfe eines Stufenmodells, das aus der Beobachtung aktueller Debatten und in der Auseinandersetzung mit John Rawls’ Konzeption eines „overlapping consensus“ entwickelt worden ist, sollen unterschiedliche Geltungsbereiche bioethischer Urteilsbildung besser identifizierbar und differenzierbar gemacht werden. ----- Die soziale Reichweite bioethischer Urteile bewegt sich zwischen der Gestaltung personaler und interpersonaler Lebenspraxis einerseits und der Gestaltung transpersonaler Rahmenbedingungen menschlichen Zusammenlebens andererseits. Die politische und rechtliche Sicherung für alle Menschen geltender Mindeststandards wechselseitiger Anerkennung bildet dabei die notwendige Basis eines an den persönlichen Grundüberzeugungen orientierten guten Lebens, wie umgekehrt jedes Vernünftigkeit beanspruchende Ethos immer auch implizite Vorstellungen über das allgemein Verpflichtende enthält. ----- Wo eine Person individuelle Entscheidungen für das eigene Leben trifft, ist sie zunächst allein an ihre persönlichen Überzeugungen gebunden. Mit zunehmender Betroffenheit anderer Personen wird es jedoch notwendig, die Begrenztheit der eigenen Perspektive anzuerkennen. Die eigenen Vorstellungen gelingenden Lebens müssen über ihren ursprünglichen Geltungshorizont hinaus transformiert, in ihrer gelebten Lebensdienlichkeit kommuniziert und auf potenzielle Elemente universaler Plausibilität hin untersucht, aber zugleich auch in ihrer Applikabilität korrigiert und begrenzt werden. In dem Maße, wie die Verständigung mit anderen über wechselseitige Verpflichtungen und gemeinsame Ziele notwendig wird, sinken Plausibiliät und Operationalität individuelle oder soziale Identität ausdrückender Normen. ----- (1) Auf einer ersten Stufe vollzieht sich die Entscheidungsfindung einer Person für sich selbst. Hier geht es darum, individuelle Vorstellungen von einem gelingendem Leben umzusetzen. (2) Mit der zweiten Stufe rückt die Gestaltung von Nahbeziehungen in den Blick. Vor allem innerhalb der Familie gilt es häufig Entscheidungen mit anderen Menschen abzustimmen, deren Wertpräferenzen man jedoch in der Regel teilt oder doch zumindest sehr gut kennt. (3) Auf einer dritten Stufe ist an Szenarien bioethischer Beratung zu denken, bei denen die Beleuchtung der Situation aus einer bestimmten partikularen Perspektive zur differenzierten Entscheidungsfindung beitragen soll. Dies geschieht z. B. in den Ethikkomitees konfessioneller Krankenhäuser. (4) Eine vierte Stufe ist erreicht, wenn zwischen Menschen, die sich als derselben weltanschaulichen Gemeinschaft zugehörig begreifen, gleichwohl moralische Differenzen bewältigt werden müssen – eine u. a. aus innerkirchlichen Diskursen über bioethische Fragestellungen wohlbekannte Situation. (5) Die fünfte Stufe beschreibt die sittliche Bewusstseinsbildung der Gesellschaft, um die im Streit der Deutungen gerungen wird. Weltanschauliche und religiöse Perspektiven konkurrieren darum, ihren jeweiligen Mehrwert an Lebensdienlichkeit zu erweisen. (6 - 8) Auf der sechsten bis achten Stufe geht es schließlich darum, politische und rechtliche Rahmenbedingungen zu etablieren, durch die eine geregelte und stabile Koexistenz unterschiedlicher Traditionen und Kulturen möglich wird. Dabei ist zunächst z. B. an berufsständische Regelungen zu denken, vor allem aber an rechtliche Regelungen auf nationaler und internationaler Ebene. ----- Bei der Konstruktion und Beurteilung bioethischer Handlungsnormen gilt es - so die Konsequenz der vorherigen Überlegungen - stets zu klären, ob die eigene normative Programmatik im jeweiligen Entscheidungskontext eher als partikulares Modell gelingenden Lebens oder eher als Beitrag zur transpartikularen Sicherung des Menschenwürdigen zu verstehen ist. So sollten insbesondere kirchliche Stellungnahmen deutlich erkennen lassen, ob sie als Hilfestellung für individuelle Entscheidungen von Christinnen und Christen gemeint sind oder als positionaler Vorschlag zur politischen und rechtlichen Gestaltung allgemeinverbindlicher Regelungen.

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Curriculum Vitae von Lars Klinnert

Studium:
  • Bis 1999: Evangelische Theologie (Ruhr-Universität Bochum). Abschluss: Diplom-Theologe
Promotion:
  • 2007: Der Streit um die europäische Bioethik-Konvention. Eine theologisch-ethische Positionsbestimmung vor dem Hintergrund der kirchlichen und gesellschaftlichen Diskussion in Deutschland (Ruhr-Universität Bochum)
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Grundlegungsfragen der theologischen und philosophischen Ethik
  • Theologische und philosophische Anthropologie
  • Angewandte Personal- und Sozialethik (Medizinethik, Medienethik, Familienethik etc.)
Berufliche Stationen:
  • 2000 - 2002: wissenschaftlicher Koordinator des interdisziplinären DFG-Graduiertenkollegs „Kriterien der Gerechtigkeit in Ökonomie, Sozialpolitik und Sozialethik“ an der Ruhr-Universität Bochum
  • 2002 - 2005: Vikar in der Evangelischen Kirchengemeinde Engelsburg-Goldhamme in Bochum und an der Evangelischen Akademie Iserlohn im Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen
  • 2006 - heute: Pfarrer i. E. (mit dem Aufgabenschwerpunkt Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) am Institut für Kirche und Gesellschaft der Evangelischen Kirche von Westfalen
Wichtigste Publikation(en):
  • Lars Klinnert: Verheißung und Verantwortung. Die Entwicklung der Naturrechtslehre Philipp Melanchthons zwischen 1521 und 1535, in: Kerygma und Dogma 50 (2004), 25–56.
  • Peter Dabrock / Lars Klinnert / Stefanie Schardien: Menschenwürde und Lebensschutz. Herausforderungen theologischer Bioethik, Gütersloh 2004.
  • Lars Klinnert (Hg.): Zufall Mensch? Das Bild des Menschen im Spannungsfeld von Evolution und Schöpfung, Darmstadt 2007.
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