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Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

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Sektionsredner

Edda Kapsch, M.A. (Potsdam) - Curriculum Vitae
Selbstverstehen und das Problem der inneren Spannung des Selbst im Anschluss an Heidegger

Abstract

Die gegenwärtigen gesellschaftlichen Anforderungen an den Einzelnen, die Einzelne in unserer ‚westlichen’ Gesellschaft sind groß und wachsen beständig. Normierungen und notwendige Orientierung an gefestigten Traditionen scheinen zugunsten eines neuen Zwangs zu zurückzutreten, nämlich dem der Individualisierung. Die vielfach proklamierte, teils richtig, teils fraglich erscheinende zunehmende Freiheit des Individuums, sein eigenes Leben jenseits starrer Normen leben zu können, führt zur Popularität der Rede von der Vergrößerung des individuellen Handlungsspielraums, der Autonomie und der Eigenverantwortung bezogen etwa auf beruflichen Erfolg, Gesundheit, Partnerschaft, ja im Grunde bezogen auf das ganze Leben. Der Zwang bzw. die in der Soziologie oder der Sozialphilosophie häufig festgestellte Schwierigkeit besteht darin, eben diese behauptete Eigenverantwortlichkeit leben zu müssen: So wird von Individuen stets mehr Flexibilität, Entscheidungsfreude, Eigeninitiative und Kreativität verlangt, was nicht selten zu Überforderung des/der Einzelnen führt. Diesen Forderungen liegt im Grunde ein noch tiefergehenderer Anspruch am Individuum zugrunde, nämlich dem, eine Kenntnis von sich selbst, seinen charakterlichen Eigenheiten, seinen Wünschen und Fähigkeiten etc. zu besitzen. Dieser Anspruch dürfte parallel zum Wunsch des spätmodernen Menschen, sich in der Lebenswelt zu orientieren und ein möglichst ‚selbstbestimmtes’ Leben zu führen, verlaufen.

Nicht nur diesem Problem der Individualisierung geschuldet, drängt sich die in der zeitgenössischen Philosophie viel beachtete Frage nach dem Selbstverstehen auf. Ich möchte in meinem Vortrag ausgehend von Heideggers Sein und Zeit dem Phänomen des Selbstverstehens nachgehen und versuchen zu skizzieren, welchen Schwierigkeiten es unterliegt. Dies möchte ich in drei Schritten vollziehen.

Der erste Schritt soll verdeutlichen, dass und inwiefern der Mensch immer schon in Verstehensvollzügen lebt. Mit Heidegger lässt sich ausgehend von seinem praktischen Verstehensbegriff, seiner Bestimmung des „Daseins“ als „In-der-Welt-sein“ und ausgehend von der Sorgestruktur des Daseins bestimmen, dass und inwiefern der Mensch immer schon ein alltägliches, vortheoretisches und unthematisches Verständnis von sich und der Lebenswelt, in der er lebt, besitzt. Dieses Verstehen betitelt das „Aufgehen“ des Einzelnen/der Einzelnen in der Lebenswelt. Der Zusammenhang von Welt-, Fremd- und Selbstverstehen ist dabei heideggerintern wie für den Vortrag von besonderer Relevanz. Dieses passive Selbstverstehen möchte ich als ‚implizites Selbstverstehen’ bezeichnen. Es verläuft zumeist unproblematisch und stellt die Grundlage dar für die explizite, aktive Frage nach dem Verstehen des Selbst. Die Klärung dieser Grundlage soll die hermeneutische Struktur des Selbst verdeutlichen und gleichzeitig mitreflektieren, warum diese immer schon stattfindenden Verstehensvollzüge häufig nicht als solche erkannt werden und so zu Missverständnissen führen können.

Das implizite Selbstverstehen mag das alltägliche Leben zu einem guten Teil strukturieren, dennoch geht der Selbstbezug darin nicht auf. Durch die doppelte Anforderung des Subjekts, jemand ‚Besonderes’ sein zu wollen und zu müssen kommt ein aktives, explizites Selbstverstehen in Gang, das sich von dem bloßen „Aufgehen“ in der Lebenswelt löst. Diesem möchte ich in einem zweiten Schritt nachgehen. Es soll versucht werden, eine innere Widersprüchlichkeit des Selbst herauszuarbeiten. Diese ließe sich auf verschiedenen Ebenen feststellen, anschließend an Heidegger möchte ich mich im Vortrag jedoch auf die Spannung individuell und verweltlicht/sozial beschränken. Dabei soll im Vordergrund stehen, dass sich ein Selbst erst durch seinen Weltbezug und Bezug zu anderen herausbilden kann, dass diese Bezüge jedoch ein explizites Selbstverstehen gleichzeitig gefährden, insofern fraglich ist, wie sich der Mensch in diesen Bezügen individuell positionieren kann.

Das Selbstverstehen scheint permanent krisenbeladen zu sein und das, so der dritte Schritt, wesentlich aufgrund der inneren Spannungsgeladenheit des Selbst. Sich aktiv selbst zu verstehen, so meine Hypothese, kann nur vorangetrieben werden, wenn diese Spannung anerkannt wird. Durch die Anerkennung der Widerständigkeiten des Selbst scheint die Möglichkeit gegeben, auf eben jene in Form einer kreativen Praxis zu reagieren.

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Curriculum Vitae von Edda Kapsch, M.A.

Studium:
  • Bis 2006: Philosophie/Neuere Deutsche Literatur (Universität Wien, Freie Universität Berlin). Abschluss: M.A.
Promotion:
  • 2010: Selbstverstehen. Zur Hermeneutik des Subjekts im Anschluss an Heidegger, Goffman und Taylor (AT) (Universität Potsdam)
Derzeitige Universität oder Institution:
  • Universität Potsdam
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Theorie der Subjektivität/Identität
  • Hermeneutik/Phänomenologie
  • (Kontinental-)Philosophie des 20. u 21. Jahrhunderts
Wichtigste Publikation(en):
  • Verstehen des Anderen. Fremdverstehen im Anschluss an Husserl, Gadamer und Derrida. Berlin: Parodos 2007. (Monographie)
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