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Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

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FAQ

Sektionsredner

Dr. Lara Huber (Mainz) - Curriculum Vitae
Operationalisierte Erkenntnis oder: die Transformation von Wissensräumen am Beispiel der kognitiven Neurowissenschaften

Abstract

Den neurowissenschaftlichen Handlungs- und Eingriffsmöglichkeiten, namentlich den diagnostischen und therapeutischen Verfahren der medizinischen Neurowissenschaften, wird nachgesagt, sie hätten die besondere Eigenschaft, den Menschen unmittelbar in seiner körperlichen und psychischen Integrität zu berühren. Dieser weit reichende Erklärungsanspruch der technisierten Neuromedizin findet nicht zuletzt ihren Ausdruck in der programmatischen Überführung lebensweltlicher Phänomene in die Experimentalräume der kognitiven Neurowissenschaften. Die damit einhergehende Konzeptualisierung bzw. Operationalisierung dieser Phänomene als objektivitätsdisziplinäre Gegenstände (Bachelard 82007) geschieht vor dem Hintergrund der nachhaltigen Veränderung von Wissensräumen: Treibender Motor dieser Veränderung ist namentlich die zunehmende Nutzung von Plattformen der funktionellen Bildgebung (PET, fMRT) außerhalb medizinischer Forschungs- und Praxisbereiche, wie sich insbesondere am Beispiel der Kognitionspsychologie zeigen lässt (Hardcastle & Stewart 2005). Der Transfer dieser Verfahren der funktioneller Bildgebung in nicht medizinische Forschungsbereiche wird zudem durch den Reimport von experimentellen Protokollen und psychologischen Testverfahren, die im Rahmen der Bildgebung heute Verwendung finden, in medizinische Forschungs- und Praxisfelder begleitet. Mit dem Resultat, dass sich die Vergleichbarkeit der generierten Daten nicht nur aufgrund der Zusammensetzung und Größe der Patienten- bzw. Probandengruppen, sondern insbesondere aufgrund der Vielfalt der Protokolle, Testverfahren und Basistechnologien als immer schwieriger gestaltet (Fadiga 2007) – und dies obwohl die Nutzung gemeinsamer technologischer Plattformen in gewisser Weise zu einer „Harmonisierung“ von Studiendesigns geführt hat (Hardcastle 1999, Bechtel 2001).

Die Naturalisierung mentaler Phänomene, anthropologischer und ethischer Konzepte im Feld der kognitiven Neurowissenschaften geschieht, ähnlich wie dies bereits für die molekularbiologische Forschung herausgearbeitet wurde (Rheinberger 1997), in Gestalt einer technologischen Überformung wissenschaftlicher Objekte auf der Basis experimentell vorstrukturierter Handlungsräume. Auf der Grundlage der spezifischen Produktionsbedingungen von Daten und deren Verwertung innerhalb wie außerhalb biomedizinischer Kontexte ist zu beobachten, dass das Erklärungsprimat der technisierten Neuro- und Kognitionswissenschaften insbesondere im Hinblick auf die vermeintliche „Natur“ des Menschen stetig zunimmt, dass bezeichnenderweise gerade vor dem Hintergrund methodisch verkürzter und technologisch konstruierter Gegenstandsbereiche die „Natur“ des Menschen nicht nur als abstrakte und zudem normativ aufgeladene Referenz (Birnbacher 2006) dient, sondern sie gleichfalls über den Königsweg naturwissenschaftlicher Methoden – im Sinne naturalisierter Entitäten – zu erforschen bzw. zu verstehen hilft. Diese Annahme steht im starken Kontrast zur wissenschaftstheoretischen Debatte um die spezifischen Produktionsbedingungen von „Wissen“ in den Natur- als auch den Lebenswissenschaften. Ian Hacking hat, auf naturwissenschaftliche Wissensräume rekurrierend, vom „Eigenleben des Experiments“ gesprochen und in der Folge die Konstitution von Forschungsobjekten, so genannten Phänomenen, die die spezifische Eingriffstiefe wissenschaftlicher Experimentalsysteme widerspiegeln, problematisiert (Hacking 1983; Bogen & Woodward 1988). Namentlich in den methodisch divergenten Forschungsbereichen der Neuro- und Kognitionswissenschaften, vor allem aber im Rahmen experimentalpsychologischer Settings ist im Anschluss an die Aufwertung bildgebender Verfahren eine spezifische Form der Technisierung festzustellen, die unmittelbar mit einer Veränderung des wissenschaftlichen Blicks auf die innerwissenschaftlichen Gegenstände einerseits und auf die Konstitution von objektivitätsdiziplinären Gegenständen andererseits einhergeht.

Anknüpfend an die hier skizzierte Debatte wird der Vortrag die Naturalisierungstendenzen der kognitiven Neurowissenschaften vor dem Hintergrund der Transformation von Wissensräumen thematisieren, sowie ferner einen spezifischen Schwerpunkt auf die Translokation von Gegenstandsbereichen über so genannte „boundary concepts“ (Löwy 1992) legen. Diese Analyse geschieht auf der Folie einer grundsätzlichen Auseinandersetzung mit der Deutungsmacht neurowissenschaftlich-technologischer Modelle über die Experimentalräume der Neuro- und Kognitionswissenschaften hinaus. Dies soll an ausgewählten Beispielen aus dem Bereich der Kognitionspsychologie einerseits und anhand diagnostisch-therapeutischer Methoden aktueller Neuromedizin andererseits nachgezeichnet werden.

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Curriculum Vitae von Dr. Lara Huber

Studium:
  • Bis 1999: Philosophie und Zeitgeschichte (Bamberg, Tübingen). Abschluss: Magistra Artium
Promotion:
  • 2004: Der Philosoph und der Künstler. Das ästhetische Fundament der ontologischen Neuorientierung Maurice Merleau-Pontys (Tübingen)
Derzeitige Universität oder Institution:
  • Mainz
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Wissenschaftstheorie und Ethik der Neurowissenschaften
  • Ästhetik, Phänomenologie, Bildwissenschaften
Berufliche Stationen:
  • 2004 - 2005: Postdoc-Stipendium im Rahmen des GK Bioethik, IZEW der Universität Tübingen
  • seit 2005: Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Universität Mainz
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