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Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

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FAQ

Sektionsredner

Dr. Rafaela Hillerbrand (Oxford, UK) - Curriculum Vitae
Modell versus Theorie. Eine systematische Rekonstruktion der Semantik von Modellen in den Naturwissenschaften

Abstract

Lange Zeit lag der Schwerpunkt wissenschaftstheoretischer Untersuchungen auf Theorien; wissenschaftliche Modelle waren in der Debatte von untergeordneter Bedeutung. Dies steht in deutlichem Gegensatz zur Rolle, welche Modellen in der wissenschaftlichen Praxis zukommt: Oftmals nehmen Modelle weitgehend unabhängig von Theorien eine zentrale Stellung ein. Diese Diskrepanz zwischen der wissenschaftstheoretischen Reflexion und der Praxis in den Wissenschaften löste eine überaus fruchtbare Diskussion über die Semantik, die Ontologie und die Epistemologie von Modellen aus. Maßgeblich beteiligt an dieser Diskussion sind unter anderem M. Morrison, N. Cartwright und D. Bailer-Jones.

Obgleich der Schwerpunkt dieses Vortrags auf der Semantik von Modellen liegt, berührt er zugleich epistemologische Aspekte. Eine nach wie vor zentrale Frage ist das Verhältnis von abstrakten wissenschaftlichen Modellen zu Theorien. In der neueren Literatur wird die Definition von Modellen im Rahmen der semantische Interpretation von Theorien, die auf P. Suppes zurückgeht, weitgehend abgelehnt. Vereinfacht gesprochen lassen sich die hierfür angeführten Argumente darauf zurückführen, dass der Begriff des Modells in der semantischen Sicht mit dem Modell-Begriff in den Wissenschaften nicht vereinbar ist. Ich argumentiere, dass der Modell-Begriff, welcher der jüngeren Literatur zugrunde liegt, nachwievor zu stark in der semantischen Tradition verhaftet ist. Dies führt auf Probleme, welche eine systematische Rekonstruktion des Modell-Begriffes in den Naturwissenschaften aufzulösen vermag. Dieser Vortrag strebt solch eine systematische Rekonstruktion ausgehend von Modellen in der modernen Physik an.

Der Begriff der ‚Repräsentation’ wurde im Rahmen der Debatte um wissenschaftliche Modelle eingeführt, um zu verdeutlichen, wie Modelle – trotz aller offensichtlichen Defizite wie Inkonsistenz oder Widersprüchen zu akzeptiertem Wissen – von zentraler Bedeutung im wissenschaftlichen Erkentnisgewinn sein können. Dabei repräsentiert ein Modell M bestimmte Aspekte eines Targetsystems S immer in Bezug auf eine bestimmte Absicht – etwa mit dem Ziel, bestmögliche Übereinstimmung mit den gegebenen empirischen Daten zu haben oder anderen epistemischen oder kognitiven Werten zu genügen. Ich argumentiere, dass ein mindestens vierstelliger Repräsentations-Begiff nötig ist, um zu erfassen, wie Modelle in der Wissenschaft tatsächlich gebraucht werden und wie sie ihre volle epistemische Bedeutung entfalten: Modelle zeichnen sich durch die Angabe einer ‚Übersetzungsregel’ T aus, welche die Bedingungen expliziert, die erfüllt sein müssen, damit das Modell eine gut Repräsentation des Targetsystems S ist. Das Modell eines konkreten optischen Phänomens im Rahmen der geometrischen Optik enthält die Information, dass die Strahlbeschreibung eine adäqute Repräsentation ist, weil die Wellenlänge des Lichtes kleiner ist als die Abmessung der Apparatur, bestehend aus Linsen, Spiegeln usf.

Diese Übersetzungsregel soll einen wesentlichen Aspekt der Unterscheidung zwischen Theorien und Modellen in den Naturwissenschaften, insbesondere in der Physik, erfassen: Während Theorien als universell gültig aufgefasst werden, werden Modelle mit größerer Vorhersagekraft assoziiert. Diese Nähe von Modellen M zum Targetsystem S wird im vorgeschlagenen Ansatz durch die Existenz der genannten Übersetzungsregel T erfasst, welche gerade Modelle von Theorien unterscheidet. Anhand der Diffusionsgleichung, welche heute von zentraler Bedeutung in der Nichtgleichgewichts-Physik, aber auch in weiten Bereichen der Biologie, der Chemie und der Ökonomie ist, wird die Notwendigkeit aufgezeigt, die Übersetzungsregel T vom eigentlichen Modell M zu unterscheiden – auch dann wenn T nicht notwendigerweise expliziert wird oder nicht vollständig explizierbar ist.

Die vorgeschlagene Übersetzungsregel weist, zumindest auf den ersten Blick, Ähnlichkeiten zur Hans Reichenbachs ‚Zuordnungsdefinition’ auf, wie er sie in Philosophie der Raum-Zeit-Lehre (1928) einführt. Den Fokus nicht auf Theorien, sondern wie hier auf Modelle zu setzen, hat jedoch weitreichende Konsequenzen. So entgeht mein Ansatz vielen Vorwürfen, welche gegen Reichenbachs Position hervorgebracht wurden. Im Speziellen zeigt sich, dass der Fokus auf Modelle eine Rechtfertigung der Unterscheidung zwischen analytischen und synthetischen Urteilen erlaubt - eine Unterscheidung, die von pragmatischer Bedeutung in weiten Teilen der Wissenschaften ist.

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Curriculum Vitae von Dr. Rafaela Hillerbrand

Studium:
  • Bis 2001: Philosphie(Magister), Nebenfach: Politische Wissenschaft, Physik (Diplom), Nebenfach: Chemeinigneieurwesen, Chemie (FAU Erlangen-Nuernberg, University of Liverpool). Abschluss: diplom
Promotion:
  • 2007: Philo: Technikethik (2003 beendet); Physik: Turbulenz (2007 beendet) (Erlangen; Muenster; Nizza)
Derzeitige Universität oder Institution:
  • University of Oxford
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Wissenschafstheorie
  • Angewandte Ethik
  • Entschedidungstheorie
Berufliche Stationen:
  • 12/2006 - jetzt: Research Fellow, University of Oxford
Wichtigste Publikation(en):
  • Scale separation as a condition for quantitative modelling. When mathematics works‘, im Gutachterverfahren bei
  • Anthropogenic climate change: Scientific uncertainties and moral dilemmas‘, mit M. Ghil, Physica D
  • Technik, Oekologie und Ethik, 2005, Mentis: Paderborn
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