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Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

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FAQ

Sektionsredner

Georg Gasser, M.A. (Innsbruck, A) - Curriculum Vitae
Auflösen statt Lösen: Die problematischen Konsequenzen der kausalen Theorie des Handelns für das Verstehen menschlichen Handelns

Abstract

Die kausale Theorie des Handelns (KTH) kann als orthodoxe Sichtweise in der aktuellen analytischen Handlungstheorie bezeichnet werden. Die Grundthese von KTH besagt, dass Gründe für Handlungen Ursachen von Handlungen sein müssen, wenn Gründe die ihnen entsprechenden Handlungen nicht nur verständlich machen (rationalisieren) wollen, sondern der Grund vielmehr auch erklären soll, warum die Handlung eingetreten ist. (Davidson 1963) Denn, wäre der Grund nicht auch die Ursache, so könnte der Grund zwar der Handlung entsprechen, aber die eingetretene Handlung könnte etwas ganz anderes zur Ursache haben als den besagten Grund. Wenn Gründe für Handlungen Ursachen von Handlungen sind, so ist es plausibel anzunehmen, dass Gründe als Ursachen Ereignisse sind, und zwar physische Ereignisse. (Davidson 1970, 300)

Die Redeweise von geistigen Ereignissen ist aber gerechtfertigt und gefordert: Geistige Ereignisse sind zwar mit physischen Ereignissen identisch, aber sie bilden jene Klasse von Ereignissen, die berechtigterweise in einem mentalen Vokabular beschrieben werden können. Aufgrund fehlender Übersetzungsmöglichkeiten des mentalen in ein physikalisches Vokabular können physikalische Beschreibungen für das Verstehen dieser Ereignisse kaum Hilfe bieten. (Davidson 1963, 39)

In folgendem Beitrag möchte ich dafür argumentieren, dass die Grundthese von KTH keineswegs klar ist und darüber hinaus problematische Konsequenzen mit sich bringt:

(i) Wenn Gründe Ursachen sind, so müssen Gründe ereignishaft gedeutet werden. In Ausführungen zur KTH lässt sich die Tendenz beobachten, den Unterschied zwischen konkreten Änderungen psychischer Einstellungen des Handelnden und ihrem intentionalen Gehalt zu unterschlagen. (Davidson 1993, 288) Psychische Einstellungen als solche scheinen aber nicht Gründe von Handlungen zu sein – im Gegensatz zu den intentionalen Gehalten dieser Einstellungen. (Hacker 2007, 226f) Offenkundig sind psychische Einstellungen stärker oder schwächer ausgeprägt bzw. sie vergehen schneller oder langsamer. Von intentionalen Gehalten lässt sich dies aber nicht sagen. Angst kann schnell auftreten, eine Konzentration rasch vergehen. Das hingegen, wovor ich mich fürchte bzw. worauf ich mich konzentriere, ist entweder präsent oder nicht. Abstufungen dazwischen gibt es nicht.

(ii) KTH ist offensichtlich unfähig zu erklären, was Gründe sind. Gründe werden in KTH als Ursachen anhand einer inference to the best explanation eingeführt (Dickenson 2007) Dieser Verweis auf das bestmögliche Erklärungsmodell kann die Frage, was Gründe sind, aber nicht übergehen. Inhärent in KTH ist nämlich die Unterscheidung zwischen Gründen, die nicht handlungswirksam werden – somit mögliche Gründe bleiben – und Gründen, die handlungswirksam werden – damit auch Ursachen sind. Was Gründe qua Gründe im Unterschied zu Gründen qua Ursachen sind, bleibt eine zu klärende Frage. Eine weitere Frage, die sich daran anschließt, ist, was Gründe zu Ursachen macht bzw. wie handlungswirksame Gründe sich auf der Ebene physikalischer Ereignisse manifestieren.

(iii) Die Gruppierung der Erklärungsressourcen von KTH um den Begriff der Ursache scheint die Tendenz nahezulegen, nach möglichen Ursachen im Bereich physikalischer Ereignisse zu suchen. Am naheliegendsten ist die Suche im Handelnden, da angenommen werden kann, dass „personal level mental states“ durch „complex physical states“ realisiert werden. (Pacherie 2006, 160) KTH impliziert offenkundig, dass die Rede von geistigen Ereignissen sich auf Ursachen von Handlungen bezieht, die in subpersonalen Prozessen und neuronalen Mechanismen als ‚ontologischen Taktangebern’ (Wingert 2006, 253) zu lokalisieren sind. (siehe dazu auch Mele 1992, 178)

(iv) Eine konsequente Fortführung dieser Auffassung hat zur Folge, dass sich der Begriff des Handelnden auflöst: Handelnde werden zu Orten, an denen sich Ursachen von Handlungen befinden. (Thalberg 1976, 220, neuerdings Yaffe 2000, 121) Nicht Handelnde als solche sind für das Verstehen menschlichen Handelns interessant, sondern Handelnde als Bündel möglicher Ursachen. Dadurch scheint der Begriff der Handlung aber selbst dauerhaft unterminiert zu sein: Was es gibt, sind Körperbewegungen, die durch bestimmte neurophysiologische Mechanismen ausgelöst werden und die innerhalb bestimmter Kontexte bzw. Sprachspiele mit dem Label ‚Handlung’ versehen werden können. Falls diese Analyse korrekt ist, landet man bei einer konsequenten Weiterführung von KTH letzten Endes bei Theorien wie D. Wegner’s Illusion of Conscious Will: Handelnde, Handlungen und Gründe gibt es nur scheinbar. Was es wirklich gibt, sind neuronale Mechanismen, Körperbewegungen und Zuschreibungen.

Der Anspruch zu klären, was Handlungen sind bzw. aus welchen Gründen jemand handelt, mündet in einer Erklärung, wie im menschlichen Organismus das Zusammenwirken verschiedener Mechanismen jene Körperbewegungen hervorbringt, die wir in unserer vorwissenschaftlichen Alltagsauffassung als ‚Handlungen’ bezeichnen.

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Curriculum Vitae von Georg Gasser, M.A.

Studium:
  • Bis 2004: Philosophie (Innsbruck, London, Notre Dame (USA)). Abschluss: Mag.
Derzeitige Universität oder Institution:
  • Innsbruck
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Analytische Ontologie
  • Handlungstheorie
  • Weltanschaulicher Dialog (v.a. Religion und Naturwissenschaften)
Berufliche Stationen:
  • 2004 - 2007: FWF-Projektmitarbeiter
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