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Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

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FAQ

Sektionsredner

Dr. Dirk Fonfara (Köln) - Curriculum Vitae
Husserls Überlegungen zum Eidos „Welt“ in Forschungsmanuskripten der zwanziger und dreißiger Jahre mit einer Bezugnahme auf die „Ontologie der Lebenswelt“ der „Krisis“-Schrift

Abstract

Husserls Phänomenologie als universale Grundlegungswissenschaft beruht weitgehend auf den Methoden der transzendentalen Reduktion und der Wesensschau. Durch letztere beansprucht er, zu apriorischen, allgemeinen Erkenntnissen zu gelangen. Diese eidetische Methode wird in der "2. Log. Untersuchung" als "ideierende Abstraktion" grundgelegt und in der "6. Log. Untersuchung" mit Hilfe von Deckungssynthesen als besonderer Fall von Erkenntnis aufgewiesen (Husserliana Bd. XIX/1, § 42; XIX/2, § 52). In den "Vorlesungen über Phänomenologische Psychologie" (Bd. IX, § 9) von 1925 korrigiert Husserl sie zu ihrer endgültigen Form als Theorie der eidetischen Variation mit einer Vorzugsstellung der Phantasie, in der ein anschaulich gegebenes Ausgangsexempel "nach Belieben" abgewandelt wird durch Erzeugung von Varianten. Durch überschiebende Deckungssynthesen wird das invariante Eidos aktiv herausgeschaut. Dessen Allgemeinheit garantiert jenes Bewusstsein des "und so weiter nach Belieben". "Wirklich rein ist das Eidos nur dann, wenn jede Bindung an vorgegebene Wirklichkeit ausgeschlossen wird (ebd., S. 74).

Husserls Wesenslehre konzentriert sich zwischen 1925 und 1935 auf die Problematik des Eidos Welt (und eng damit zusammenhängend: des Eidos Ich). Dieses sei schwierig zu gewinnen, da die erfahrene Welt prinzipiell nur inadäquat, mit unbestimmten Horizonten, gegeben sei; dennoch geht aus Forschungstexten von 1925/26 hervor, dass sich die individuelle Wirklichkeit dieser Welt in der Phantasie frei in reine Möglichkeit umwandeln läßt und sich im Durchlaufen dieser Abwandlungen die Identität eines Allgemeinen (oder Wesens) abhebt. Ein Problem für die Gewinnung eines Eidos Welt durch Variation liegt aber darin, dass hierbei das dazu erforderliche Ausgangsexempel "kein fertiges Faktum" ist (Ms. A III 4), dieses aber ebensowenig durchstrichen werden kann, da alle zu erdenkenden Möglichkeiten "Abwandlungen dieses Faktums" sind. Man gelangt also "von der gegebenen Erfahrungswelt konkret variierend" zu einer wesensnotwendigen Idee, einer identisch festzuhaltenden Form der Welt (Ms. A V 2). Die wirkliche Erfahrungswelt fungiert als fundamentales Exempel für die eidetische Variation, in der das faktische Universum in völliger Freiheit umfingiert wird, bis man so die Idee einer möglichen Welt überhaupt gewinnt, allerdings nur als wesensallgemeiner Sinnesrahmen, kein evidentes Eidos Welt (Ms. B I 9 II).

Diese Skepsis im Hinblick auf ein Eidos 'Welt' nimmt in den dreißiger Jahren bis zur "Krisis"-Schrift zu: Nur in einem endlos-offenen Progress der immer vollkommeneren Enthüllung der Horizonte sei eine methodische Gewinnung der allgemeinen Wesensform der Welt möglich (Ms. C 6; 1930), bei der Wesensanschauung von Welt kommt man somit nicht zu einem Eidos, sondern zu einer "unendlichen Idee". Diese "Anschauung von der faktischen Welt" ist zwar unvollständig, enthält aber ein "evidentes Was", das in seinen Spielraum-Horizonten ein "sozusagen unreines Wesen in sich schließt". Erst in einem zweiten Schritt kann man "das Problem des reinen Eidos 'mögliche Welt überhaupt' stellen (Ms. A VII 12, 1932). Es bleibt allerdings zweifelhaft, ob dieses reine - d.h. jede Bindung an faktische Erfahrung ausschließende - Eidos 'Welt' durch erneute Variation jener Wesens-Anschauung von Welt gewonnen werden kann.

Abschließend soll untersucht werden, ob Husserl die eidetische Methode im Kontext der Lebenswelt-Thematik (vgl. hierzu Husserliana XXXIX: "Die Lebenswelt. Auslegungen der vorgegebenen Welt und ihrer Konstitution, hg. R. Sowa, Dordrecht 2008) in der "Krisis"-Schrift (Bd. VI) aufgegeben hat. Im Zuge der Kritik an Galilei (§ 9) bzw. an der Mathematisierung der Natur in der neuzeitlichen Naturwissenschaft bemerkt Husserl, dass die objektive Wissenschaft die Lebenswelt als Sinnesfundament stets vorausgesetzt, sie aber nirgends eigens behandelt habe. Da der subjektiv-relativen Lebenswelt als "Ur-Evidenz" in der Erkenntnisbegründung aber höhere Dignität zukomme als objektive Evidenzen, fordert er im Rahmen seiner universal und letztbegründenden Phänomenologie eine Problematisierung und wissenschaftliche Erschließung dieser Lebenswelt, notwendig verbunden mit einer "Epoché aller objektiven Wissenschaften" (§ 36).

Trotz der bestehenden Kulturenvielfalt hat Husserl auch in der nicht mehr systematisch ausgearbeiteten "Ontologie der Lebenswelt" (§ 51) an der eidetischen Methode festgehalten; denn auch von der Lebenswelt will er die allgemeine Struktur (§ 36) aufweisen im Sinne einer apriorischen "invarianten Wesenstypik" (§ 66), d.h. nicht als wissenschaftlich exaktes Eidos. Dies geht ex negativo bereits aus der Galilei-Kritik hervor (S. 49), und ebenso aus einem Forschungsmanuskript von 1931: Durch freie Variation der Lebenswelt sei die ihr wesensnotwendige Strukturtypik zu entnehmen, d.h. die faktische Lebenswelt wird innerhalb einer typischen Allgemeinheit variiert, ohne dass eine exakte Idealisierung mit erfolgt (vgl. Ms. B I 32).

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Curriculum Vitae von Dr. Dirk Fonfara

Studium:
  • Bis 1997: Klassische Philologie, Philosophie, Geschichte (Köln). Abschluss: Staatsexamen
Promotion:
  • 2002: Die Ousia-Lehren des Aristoteles (Köln)
Derzeitige Universität oder Institution:
  • Köln
Forschungsschwerpunkt(e):
  • antike Philosophie (bes. Platon und Aristoteles)
  • Philosophie des Mittelalters (bes. Albertus Magnus und Thomas von Aquin)
  • Husserls Phänomenologie
Berufliche Stationen:
  • 1997 - 2002: Wissenschaftl. Hilfskraft
  • 2002 - 2/2008: Wiss. Mitarbeiter, DFG-Projekt: "Husserls Eidetik"
  • 3/2008: Wiss. Mitarbeiter: DFG-Projekt: "Urfassung der Ideen II und III"
Wichtigste Publikation(en):
  • (Dissertation) Die Ousia-Lehren des Aristoteles. Untersuchungen zur "Kategorienschrift" und zur "Metaphysik" (Quellen und Studien zur Philosophie 61), Berlin/New York 2003
  • (Aufsatz) Zwischen Tradition und Innovation: Aristoteles' doxographische Methode mit einem Ausblick auf Husserl", in: Vf. (Hrsg.), Metaphysik als Wissenschaft, Freiburg/München 2006, 102-132
  • (Hrsg.) Edmund Husserl: Zur Lehre vom Wesen und zur Methode der eidetischen Variation. Texte aus dem Nachlass (1891-1935), in: Husserliana, Bd. XLI (erscheint Herbst/Winter 2008)
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