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Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

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FAQ

Sektionsredner

Dr. Ludwig Fahrbach (Düsseldorf) - Curriculum Vitae
Ändert die Wissenschaft ständig ihre Meinung?

Abstract

Die Antwort auf die Titelfrage ist „Ja“, wenn das Argument der pessimistischen Meta-Induktion zutrifft. Diesem Argument zufolge finden sich in der Wissenschaftsgeschichte ein große Zahl von Theoriewechsel, bei denen Theorien, die zunächst empirisch sehr erfolgreich waren und eine zeitlang von Wissenschaftlern akzeptiert wurden, später widerlegt und durch neue Theorie ersetzt wurden. --

Die pessimistische Meta-Induktion ist ein wichtiges Argument gegen den wissenschaft-lichen Realismus. Letzteres ist die Position, dass wir vom (empirischen) Erfolg von wissen-schaftlichen Theorien auf ihre (annährende) Wahrheit schließen dürfen. Aus dem wissen-schaftlichen Realismus, also diesem Schluss vom Erfolg auf die Wahrheit, ergibt sich offen-sichtlich, dass die gegenwärtig akzeptierten und sehr erfolgreichen Theorien wie die Evoluti-onstheorie, die Atomtheorie oder die Plattentektonik wahr sind. Wenn jedoch die pessimisti-schen Meta-Induktion zutrifft, dann ist der wissenschaftliche Realismus unterminiert, denn alle Theorien, die zunächst erfolgreich waren, später aber widerlegt wurden, sind Gegenbei-spiele gegen den Schluss vom Erfolg auf die Wahrheit und zeigen deswegen, dass dieser Schluss nicht haltbar ist. In meinem Vortrag möchte ich den wissenschaftlichen Realismus gegen die pessimistische Meta-Induktion verteidigen. --

Dazu möchte ich die folgende Behauptung aufstellen und belegen:

(B) Alle unsere gegenwärtig erfolgreichsten Theorien genießen einen weit größeren Erfolg als alle widerlegten Theorien aus der Wissen-schaftsgeschichte. --

Wenn diese Behauptung richtig ist, dann kann man den wissenschaftlichen Realismus vertei-digen, indem man den Schluss vom Erfolg auf die Wahrheit auf Theorien mit sehr hohem Erfolg einschränkt, denn zu einem solcherart eingeschränkten Schluss gibt es (B) zufolge kei-ne Gegenbeispiele aus der Wissenschaftsgeschichte mehr. --

Um (B) zu belegen, muss zunächst der Begriff des Erfolges genauer gefasst werden, wie folgt: Der Erfolg einer Theorie zu einem bestimmten Zeitpunkt besteht in der Übereinstim-mung zwischen den Vorhersagen der Theorie und den von Wissenschaftlern gemachten Beo-bachtungen; wenn hingegen die Vorhersagen der Theorie und die Beobachtungen nicht über-einstimmen, dann (so nehme ich vereinfachenderweise an) ist die Theorie widerlegt, und wi-derlegte Theorien können natürlich nicht erfolgreich sein. Dabei nehme ich des weiteren an, dass der Begriff des Erfolges ein „graduierter“ Begriff ist, d.h. dass es verschiedene Grade des Erfolgs von Theorien gibt: Der Erfolg einer Theorie zu einem bestimmten Zeitpunkt ist desto höher, je höher und besser die Zahl und Qualität der Vergleiche zwischen Vorhersagen und Beobachtungen sind. Dabei nimmt die Zahl und Qualität dieser Vergleiche im allgemei-nen zu, wenn mehr Beobachtungen gesammelt werden, mehr Vorhersagen gemacht werden (etwa durch mehr Rechenkraft) und die Vielfalt und Präzision der Beobachtungen und Vor-hersagen steigt. --

Behauptung (B) möchte ich dann belegen, indem ich fünf verschiedene globale Indika-toren des Erfolges von Theorien betrachte. Diese Indikatoren sind: (1) die Gesamtmenge an wissenschaftlicher Arbeit, (2) die gesamte zur Verfügung stehende Rechenkraft von Mensch und Maschine, (3) die Gesamtmenge an Daten, (4) die Vielfalt aller gesammelten Daten und (5) die Präzision der gesammelten Daten. Für jeden dieser Indikatoren zeige ich in meinem Vortrag, dass er im Laufe der Wissenschaftsgeschichte, insbesondere in den letzten 50 bis 80 Jahren, ein enormes Wachstum an den Tag gelegt hat. An dieser Stelle erwähne ich nur die Belege zu (1): In den letzten 300 Jahren hat sich die Gesamtzahl der wissenschaftlichen Pub-likationen ebenso wie die Gesamtzahl der Wissenschaftler ungefähr alle 20 Jahre verdoppelt. Wenn man annimmt, dass die wissenschaftliche Arbeit durch die Gesamtzahl der wissen-schaftlichen Publikationen bzw. die Gesamtzahl der Wissenschaftler gemessen werden kann, dann bedeutet das, dass die Hälfte aller wissenschaftlichen Arbeit in den letzten 20 Jahren und drei Viertel aller wissenschaftlichen Arbeit in den letzten 40 Jahren geleistet wurde. --

Zusammengenommen zeigt das Wachstum der fünf Indikatoren, dass bei weitem der größte Schub an Erfolg von wissenschaftlichen Theorien in den letzen Jahrzehnten zu ver-zeichnen ist. Gleichzeitig zeigt eine Untersuchung der Wissenschaftsgeschichte, dass es in dieser Zeit keine Theoriewechsel unter den erfolgreichsten Theorien mehr gab. Also haben unsere gegenwärtig erfolgreichsten Theorien diesen Schub an Erfolg abbekommen, während alle wichtigen widerlegten Theorien schon vor dieser Zeit widerlegt wurden und folglich die-sen Schub nicht abbekommen haben. Damit ist Behauptung (B) nachgewiesen, die pessimisti-sche Meta-Induktion widerlegt und der Realismus gerettet. Somit ändert die Wissenschaft bezüglich unseren gegenwärtig erfolgreichsten Theorien nicht mehr ihre Meinung.

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Curriculum Vitae von Dr. Ludwig Fahrbach

Studium:
  • Mathematik, Philosophie
Derzeitige Universität oder Institution:
  • Düsseldorf
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Wissenschaftstheorie
  • Erkenntnistheorie
Berufliche Stationen:
  • Wiss. Mitarbeiter
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