Kontakt: Universität Duisburg-Essen, Institut für Philosophie, Stichwort: Kongress 2008, Universitätsstr. 12, 45117 Essen - Tel.: 0201/183-3486, E-Mail: infodgphil2008.de
Sektionsredner

Eine Auflistung der Sektionsredner finden Sie in alphabetischer Sortierung unter nachfolgendem Link


Verzeichnis der Sektionsredner

Download Programm

Unter folgendem Link können Sie sich das Gesamtprogramm als PDF (1 MB) herunterladen: Download PDF.

Kontakt

Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

Institut für Philosophie
Stichwort: Kongress 2008
Universität Duisburg-Essen
Universitätsstr. 12
45117 Essen

Häufig gestellte Fragen

Sollten Sie Fragen haben, schicken Sie eine E-Mail an info dgphil2008.de. Möglicherweise finden Sie auch bei den häufig gestellten Fragen eine Antwort.


FAQ

Sektionsredner

Dr. Wolf Dieter Enkelmann (München) - Curriculum Vitae
Die Philosophie der Freundschaft – von Aristoteles bis Jacques Derrida. Produktivkraft und ökonomische Relevanz einer ethischen Kategorie

Abstract

Beim Geld hört die Freundschaft auf. Freundschaften korrumpieren die ökonomische Rationalität. Freundschaft und ökonomische Kalküle erscheinen inkommensurabel.

Aristoteles, der der 'Philosophie der Freundschaft' zum ersten Mal zu einer systematischen wissenschaftlichen Darstellung verhalf, sieht das differenzierter. Zwei Bücher widmet er ihr in der 'Nikomachischen Ethik'. Denn: Sie ist "fürs Leben das Notwendigste". Das macht die "philia" zu einem Schlüsselthema und Dreh- und Angelpunkt seines ethischen und praktischen Denkens. Ausführlich befaßt er sich mit Vor- und Nachteilen, Logik und Dilemmata der verschiedensten Nutzenkalküle. Doch haben diese 'Geschäftsbeziehungen' wesensmäßig eine existenzielle Voraussetzung. Ihr Erfolg basiert auf einer primären Investitionsbereitschaft, für die paradigmatisch eine andere Art von Freundschaft steht, jene nämlich, die nicht Mittel zum Zweck ist, sondern um ihrer selbst willen eingegangen wird. Sie kommt dadurch zustande, dass beide Freunde einander, weil jeder "der ist, der er ist", Gutes erweisen, ohne zur Vergeltung dieser Großzügigkeit auf äquivalente Gegenleistung zu bestehen.

Mit dieser Freundschaft scheint nun die Sphäre des ökonomischen Kalküls verlassen zu sein. Was auf den ersten Blick nur um den Preis einer altruistischen Opferbereitschaft und moralischen Überschreitung egoistischen Gewinnstrebens zu haben ist, erweist sich bei näherer Analyse als eine extreme wirtschaftliche Spekulation und Herausforderung zweckrationalen Handelns.

1. nämlich ist diese unbedingte Freundschaft von Aristoteles keineswegs selbstlos konzipiert oder in einem moralischen Prinzip begründet. Er führt sie vielmehr auf ein Begehren zurück, das naturgemäß durchaus etwas zu erreichen trachtet. Damit ist sie als eine spezifische From der Vorteilsspekulation zu betrachten, die ihre Hoffnung auf individuelle Besserstellung in einer unbedingten Verausgabung gründen läßt.

2. hat diese Freundschaft kaum eine weitere Voraussetzung und Ressource als sich selbst sowie Existenz und Inspiration der Beteiligten. Da auf entsprechende Vergütung der eigenen Leistung kein Verlaß ist und dies eben auch ausdrücklich keine Bedingung dieser Investitionsbereitschaft ist, stellt sich die Frage: Wie kann man sich ein derartiges Verhalten leisten? Und was schützt diese dem Anschein nach überaus ungeschützte Art der Vorteilsspekulation vor Ausbeutung? - Diese 'reine', zweckfreie Freundschaft muß das Gute und die Güter, die in sie investiert werden, selbst erwirtschaften können.

Aristoteles bringt die "philia" damit als eine offensichtlich gewinnträchtige Produktivkraft ins Spiel, und ihr Ethos beschränkt sich nicht auf sozial regulative Schadensbegrenzung. Daraus ergeben sich weitere Fragen:

1.: Auf welche Weise rechtfertigt diese 'reine' Freundschaft das Vertrauen, das nach Aristoteles in ihre Produktivkraft gesetzt werden kann?

2.: Was ist im Erfolgsfall der Gewinn dieser Kunst der Befreundung?

3.: Worin liegt die Notwendigkeit dieser außergewöhnlichen und nach Montaigne äußerst seltenen Investition der eigenen Existenz in die Freundschaft für die gewöhnliche geschäftsmäßige und weniger zweckentbundene Spekulation auf Tausch- und Kooperationsgewinne?

Um es vorwegzunehmen: Ein Ergebnis und 'Produkt' ist die Individualität samt ihrer kreativen Produktivität. Ein anderes ist die Existenz theoretischer wie praktischer metapersonaler Institutionalisierung von Recht und Gesetz, von Normativität sowie Vertrags- und Transaktionsverbindlichkeit und jener 'Autonomie', welche die moderne Ökonomik gleich jener Individualität konzeptionell voraussetzt.

Der Vortrag wird die Entwicklungslinie dieser Philosophie der Freundschaft in einigen entscheidenden Etappen - Aristoteles, Montaigne, Hegel, Derrida - rekonstruieren. Dabei stehen insbesondere die spezifische Form dieser ökonomischen Spekulation, der Modus der Produktivität sowie die Bedeutung dieser Ausnahmeerscheinung für den allgemeinen ökonomischen Betrieb der Gesellschaft im Zentrum.

Ziel ist, die Paradigmata dieser 'Philosophie der Freundschaft' für die gegenwärtige Diskussion um eine Erweiterung der ökonomischen Rationalität um ethische Dimensionen sowie zum Verständnis der Differenzbeziehung zwischen Ökonomie und Kultur fruchtbar zu machen. Sie ist - wegen der dem Begriff der Freundschaft immanenten Transformation der Beobachtungs- in eine Beteiligtenperspektive - nicht nur theoretisch ergiebig für den Begriff der Ökonomie, das Selbstverständnis ethischen Denkens sowie die Vermittlung beider.

  • nach oben
  • zum Kalender

Curriculum Vitae von Dr. Wolf Dieter Enkelmann

Studium:
  • Bis 1987: Philosophie, Kommunikationswissenschaften, Politologie, Soziologie, Geschichte (München, Salzburg). Abschluss: M.A.
Promotion:
  • 1994: Natur- und Weltbezug. Zur Genese und philosophischen Kritik der metaphysischen Voraussetzungen des naturwissenschaftlichen Diskurses (LMU München)
Derzeitige Universität oder Institution:
  • Ludwig-Maximilians-Universität München
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Ökonomik der Philosophie der Antike
  • Hegel, Nietzsche, franz. Philosophie der Gegenwart
  • Praktische Themen der Wirtschaftsphilosophie (Unternehmenskultur- u. philosophie, 'Idee der Weltwirtschaft', Corporate Citizenship)
Berufliche Stationen:
  • 1987 - 2008: Freie Kulturarbeit, Unternehmensberatung und Coaching
  • 2001 - 2008: Direktor für Forschung und Entwicklung, Institut für Wirtschaftsgestaltung, München
  • 2006 - 2008: Lehrbeauftragter am Department für Philosophie, LMU München
Wichtigste Publikation(en):
  • Studien zur philosophischen Ökonomik der Anrtike I. Thales und der Welthandel, in: Schriften zur Wirtschaftsphilosophie, hrg. v. Institut für Wirtschaftsgestaltung, München 2004
  • Europa - Nichts als ein Versprechen. Eine Nacherzählung, in: Merkur. Deutsche Zeitschrift für europäisches Denkens 692, Dez. 2006
  • Vom Wert des Überflüssigen - Zum Verhältnis von künslterischer Freiheit und wirtschaftlichem Gewinn, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und Unternehmensethik, Jg. 7 /Heft 3, 2006
  • nach oben
  • zum Kalender