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FAQ

Sektionsredner

Martin Dresler, M.A. (München)
Dream Imaging – Techniken zur Messung neuronaler Korrelate konkreter Trauminhalte

Abstract

Seit 2500 Jahren sind Philosophen am Bewusstseinszustand des Träumens interessiert. Im 20. Jahrhundert hat vor allem Malcoms (1956) Analyse des cartesianischen Traumarguments die Diskussion angeregt. Nach Malcolm haben Aussagen über Handlungen und Erlebnisse im Traum einen grundlegend anderen Status als analoge Aussagen über den Wachzustand, insbesondere seien Fragen nach Verifizierung oder zeitlicher Zuordnung unsinnig. Malcolm räumt ein, dass sich die Situation im Falle der Entdeckung eindeutiger physiologischer Korrelate von Träumen ändern könnte – dies würde jedoch fortan eine radikal andere Verwendungsweise des Wortes „Träumen“ implizieren.

Ironischerweise wurde bereits kurz vor Malcoms Veröffentlichung der enge Zusammenhang zwischen REM-Schlaf und Träumen entdeckt. Seither wird nach physiologischen Korrelaten konkreter Trauminhalte gesucht, bislang jedoch mit eher mäßigem Erfolg. So wurde z.B. eine hohe Aktivierung visueller Assoziationscortices mit visuellen Traumerlebnissen und eine präfrontale Deaktivierung mit der Einschränkung von Aufmerksamkeit und Volition in Träumen in Verbindung gebracht (Hobson & Pace-Schott, 2002). Solche Spekulationen sind jedoch weit davon entfernt, diskrete Trauminhalte mit einzelnen neurophysiologischen Ereignissen zu assoziieren. Während bildgebende „brain reading“-Techniken im Wachzustand erste beeindruckende Ergebnisse einer Dekodierung einzelner mentaler Inhalte aus neuronaler Aktivität zeigen (Haynes & Rees, 2006), stellen sich im Schlaf einer solchen Dekoderiung einige Hindernisse entgegen. So ist es schlafenden Probanden z.B. kaum möglich, zuvor abgesprochene mentale Handlungen auszuführen, die dann wiederholt reliabel mit der gemessenen neuronalen Aktivität assoziiert werden könnten.

Ein physiologischer Aspekt des REM-Schlafs ist freilich hoch mit diskreten Aspekten des Traumgeschehens korreliert: Die schnellen Augenbewegungen, die dem REM-Schlaf seinen Namen geben und die einzigen Bewegungen in einem ansonsten vollständig gelähmten Körper darstellen. In einer Serie von Experimenten baten LaBerge et al. (1981) Probanden mit der Fähigkeit zum luziden Träumen – also der Fähigkeit, sich im Traum über den eigenen Traumzustand bewusst zu werden –, ihren luziden Zustand durch zuvor abgesprochene Augenbewegungen mitzuteilen. Dieses Luziditätssignal kann eindeutig im Elektrookulogramm des Schlafenden abgelesen werden und unterscheidet sich deutlich von den übrigen Augenbewegungen. In einer eigenen Studie (Dresler et al., in Vorbereitung) haben wir diese Technik mit funktionaler Magnetresonanztomographie (fMRT), Nahinfrarotspektroskopie (NIRS) und Polysomnographie kombiniert, um neuronale Aktivität im Schlaf mit konkreten Trauminhalten zu assoziieren.

Sechs erfahrene Luzidträumer wurden um drei Uhr nachts – nach vier Stunden Schlaf – in den MR-Tomographen bzw. in ein Bett mit NIRS-Scanner gebracht, parallel zur Bildgebung wurde ein EEG, EOG und EMG abgeleitet. Die Probanden wurden instruiert, das Bewusstwerden ihres Traumzustands durch das Luziditätssignal anzuzeigen, daraufhin zehnmal die linke Faust zu ballen, dann erneut das Luziditätssignal zu senden, danach die rechte Faust zu ballen und diese Sequenz so oft wie möglich zu wiederholen. Sobald die Probanden diese Aufgabe aus irgendeinem Grund abbrechen wollten, sollten sie sich selbst wecken und anschließend ein Traumprotokoll diktieren. In der anschließenden Analyse der Bildgebungsdaten konnten die im EOG deutlich erkennbaren Luziditätssignale als temporale Marker des geträumtem linken bzw. rechten Faustballens und somit zur Assoziation zwischen neuronaler Aktivität und konkreten Trauminhalten verwendet werden. Vorläufige Ergebnisse dieser Analyse legen nahe, dass die mit den geträumten Handbewegungen verbundene neuronale Aktivität derjenigen entsprechender realer und vorgestellter Handbewegungen im Wachzustand – mit leichter Verschiebung in parietaler Richtung – entspricht.

Die sich damit eröffnende Möglichkeit einer Verifikation und zeitlichen Zuordnung berichteter Traumhandlungen wirft die Frage auf, inwiefern hier tatsächlich von einer radikal veränderten Verwendungsweise des Wortes „Träumen“ gesprochen werden muss oder ob sich solche neuen wissenschaftlichen Kriterien nicht nahtlos in den philosophisch ‚naiven’ Sprachgebrauch über Träume einfügen lassen.

Literatur:

Dresler M, Koch S, Wehrle R, Sämann PG, Steiger A, Obrich H, Czisch M: Dream Imaging – how to read the sleeping brain. (in Vorbereitung).

Haynes JD, Rees G: Decoding mental states from brain activity in humans. Nature Reviews Neuroscience 2006, 7: 523-533.

Hobson JA, Pace-Schott EF: The cognitive neuroscience of sleep: Neuronal systems, consciousness and learning. Nature Reviews Neuroscience 2002, 3: 679-693.

LaBerge S, Nagel L, Dement WC, Zarcone V: Lucid dreaming verified by volitional communication during REM sleep. Perceptual and Motor Skillls 1981, 52: 727-732.

Malcom N: Dreaming and Skepticism. The Philosophical Review 1956, 65: 14-37.

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