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FAQ

Sektionsredner

Marius Christen, M.A. (Basel, CH) - Curriculum Vitae
Nachhaltigkeit als Gerechtigkeit? Eine Betrachtung der Grundprinzipien von Nachhaltigkeit anhand des Greifswalder Ansatzes

Abstract

Nachhaltigkeit hat sich in den vergangenen Jahren als allgemein anerkanntes gesellschaftliches Leitbild etabliert. Dessen philosophische Durchdringung steckt aber nach wie vor in Kinderschuhen. Ausgehen vom Greifswalder Ansatz für Nachhaltigkeit (Ott & Döring 2004) fragt dieser Beitrag danach, ob gerechtigkeitstheoretische Prinzipien zur Konzeptualisierung von Nachhaltigkeit ausreichen.

Unbestritten gehört Gerechtigkeit zu den Kernelementen einer jeden Nachhaltigkeitstheorie (vgl. neben Ott z.B. auch den HGF-Ansatz). In welchem konzeptionellen Verhältnis Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit stehen, scheint aber unklar zu sein, sehen Ott & Döring die Idee der Nachhaltigkeit an die der Gerechtigkeit lediglich „angelehnt“ (2004, 41) und versteht Ott die Nachhaltigkeitstheorie als „ethische Spezialtheorie, die das Problem intergenerationeller distributiver Gerechtigkeit mit einem besonderen Augenmerk auf natürliche Ressourcen thematisiert“ (2003, 204). Nichtsdestotrotz führt der Greifswalder Ansatz Nachhaltigkeit auf gerechtigkeitstheoretische Prinzipen, genauer intra- und intergenerationelle Gerechtigkeit zurück (Ott & Döring 2004, 41). Die Idee der Nachhaltigkeit lässt sich demnach alleine aus Prinzipien intra- und intergenerationeller Gerechtigkeit deduzieren. Gerechtigkeit stellt – nicht nur gemäß dem Greifswalder Ansatz – das Endziel und den Grundsatz von Nachhaltigkeit dar. Diese scheint somit nichts anderes zu sein als die Ausdehnung des traditionellen Gerechtigkeitsanliegens gerechter Verteilung in die zeitliche Dimension.

Unbestritten ist Gerechtigkeit gegenwärtiger und künftiger Generationen ein oder gar das essentielle Ziel von Nachhaltigkeit, insofern diese anhand von Bedürfnisbefriedigung konzeptualisiert wird (vgl. die allg. anerkannte Brundtland-Definition von Nachhaltigkeit). Für eine starke Nachhaltigkeitskonzeption wie gerade diejenige des Greifswalder Ansatzes bedarf es indessen einer weiter führenden Argumentation. Denn durch die bloße Reduktion von Nachhaltigkeit auf Gerechtigkeitsprinzipien werden die natürlichen Bedingungen gesellschaftlicher Entwicklung vernachlässigt. Der Fokus auf diese scheint aber ein Grundmerkmal (zumindest) einer Konzeption starker Nachhaltigkeit zu sein. Die nachhaltigkeitstheoretische Forderung, die menschliche Entwicklung in Beziehung zu ihren natürlichen Bedingungen zu setzen, macht es notwendig, über Verteilungsgerechtigkeit hinauszublicken. Eine Theorie gerechter Verteilung interessiert nämlich primär nicht, was zur Verteilung ansteht. Für das Konzept von Nachhaltigkeit ist es dagegen nicht beliebig, was zu verteilen bzw. erhalten ist. Denn insofern eine nachhaltige Entwicklung zukünftigen Generationen die Fähigkeiten für ein menschenwürdiges Leben ermöglichen soll, bedarf es hierfür des Erhalts bestimmter ausgewiesener Ressourcen oder besser: bestimmter Güter. Eine leistungsfähige Theorie von Nachhaltigkeit muss nicht nur klären, was eine gerechte Verteilung unter und zwischen den Generationen ist, sondern ebenso – und grundlegend –, was überhaupt zu verteilen ist. Weil Güter funktionale Bedingungen für die Ermöglichung und Befähigung zu zukünftigem menschenwürdigen Leben sind, muss sich eine Nachhaltigkeitstheorie neben gerechtigkeitstheoretischen Prinzipen auch auf eine Theorie der Güter beziehen.

Insofern es der Nachhaltigkeitskonzeption grundlegend um den Erhalt von Gütern als Bedingung der Möglichkeit für künftiges gutes Leben geht, hat sie die Bedingungen der Möglichkeit für Gerechtigkeit und nicht alleine Gerechtigkeit zum Gegenstand. Dadurch rückt die Frage in den Fokus, welche Güter denn erhalten werden müssen. Die Konzeptualisierung notwendiger Güter zur Befähigung menschenwürdigen Lebens ist für die Bestimmung von Nachhaltigkeit nicht nur von sekundärer, sondern vielmehr von fundamentaler Bedeutung.

Um zu verstehen, was nachhaltiges Verhalten auszeichnet, bedarf es nebst gerechtigkeitstheoretischen Prinzipien also einer Theorie der Güter, die natürliche und soziale Aspekte in Beziehung zueinander zu setzen weiß. Inspiration gewinnt die Nachhaltigkeitstheorie hierbei von relationalen Gütertheorien, wie sie z.B. implizit von Martha Nussbaum oder explizit von Philippa Foot formuliert werden. Diese konzeptualisieren Güter anhand der Lebensform, für die ein X ein Gut sein kann. Solche Ansätze erlauben es einem integrativen Konzept von Nachhaltigkeit, soziale Aspekte der gerechten gesellschaftlichen Entwicklung und ökologische sowie soziale Aspekte der Möglichkeit von Entwicklung aufeinander zu beziehen, insofern es der menschlichen Lebensform wesentlich ist, dass sie natürlicher wie sozialer Güter bedarf.

Ott, K. (2003): Zu einer Konzeption „starker“ Nachhaltigkeit, in: Umwelt – Ethik – Recht, hg. von M. Bobbert et al., Tübingen, S. 202-229.

– „Friendly Fire“, in: Ein Konzept auf dem Prüfstand. Das integrative Nachhaltigkeitskonzept in der Forschungspraxis, Berlin, S. 63-82.

Ott, K. & Döring R. (2004): Theorie und Praxis starker Nachhaltigkeit, Berlin.

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Curriculum Vitae von Marius Christen, M.A.

Studium:
  • Bis 2006: Philosophie, Mensch-Gesellschaft-Umwelt, neuere allgemeine Geschichte (Basel, HU Berlin, FU Berlin, TU Berlin). Abschluss: Lic. Phil.
Promotion:
  • 2011: Axiologie und nachhaltige Entwicklung. Philosophische Grundlagen von Nachhaltigkeit (Basel)
Derzeitige Universität oder Institution:
  • Basel
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Axiologie
  • Moralphilosophie
  • Nachhaltigkeitstheorie
Berufliche Stationen:
  • Mai 2007: Assistent bei Prof. Dr. Paul Burger, Philosophisches Seminar, Uni Basel
  • 2002 - 2007: Tutor am MGU, MSD und Philosophischen Seminar, Uni Basel
  • 2002 - 2005: Hilfsassistent bei Prof. Dr. Emil Angehrn, Philosophisches Seminar, Uni Basel
Wichtigste Publikation(en):
  • Marius Christen, Emilio Marti: Wachstumsart und Wachstumsbewusstsein, in: Ausweg Wachstum? Arbeit, Technik und Nachhaltigkeit in einer begrenztenWelt, Wiesbaden 2007, S. 43-62.
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