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FAQ

Sektionsredner

Professor Dr. Constantin Canavas (Hamburg)
Überlebenstechnologien in Laienhänden: Wenn instrumentelles Wissen als moralischer Reflex abverlangt wird

Abstract

Wenn Technik Leben retten kann, zählt jede Sekunde. Im Zusammenhang mit einer wirksamen Behandlung von Kreislaufstillstand („plötzlichem Herztod“) infolge von Herzkammerflimmern (Fibrillation) hat sich in der medizinischen Praxis seit langem eine möglichst umgehende Applikation elektrischer Impulse (Defibrillation) aus einem elektrischen Impulsgeber (Defibrillator) als lebensrettend erwiesen. Die Inanspruchnahme dieser Technik zur Behandlung akuter Herzrhythmusstörungen möglichst unmittelbar beim Auftreten des ursächlichen Flimmerns legte den Bedarf einer externen (out of hospital) Defibrillation nahe – zur Not und nach Möglichkeit durch medizinische Laien.

Nun ist die komplizierte Technik der Defibrillation in verschiedenen Geräten konkretisiert, die sowieso nicht durch die Entwickler (Naturwissenschaftler, Mediziningenieure) eingesetzt werden, sondern „traditionell“ durch medizinisch geschultes Personal. Wenn einfach zu bedienende Geräte (Public Access Defibrillators, PAD) für den medizinischen Laien als Nutzer konzipiert werden, dann wird in der Regel erwartet, dass die „letzten“ Hemmschwellen der potentiellen Nutzer durch moralische Reflexe um Hilfsbereitschaft überwunden werden. Auf den ersten Blick zielt die Strategie der Technikentwicklung auf die Kompensation von verbleibenden Lücken der instrumentellen Vernunft (Lücken im Handhabungswissen) durch gesellschaftlich induzierten moralischen Handlungsdruck: „Du sollst Deinem nächsten helfen!“, „Du sollst den Defibrillator anwenden!“ Zugleich wird suggeriert, dass apriorisches technisches Wissen keine Rolle für die Beurteilung der Handlung des potentiellen Nutzers spielt: „Du kannst nichts falsch machen – sofern Du überhaupt erste Hilfe leistest!“

Die Probleme, die dabei entstehen, hängen allerdings mit der kontextuellen Wahrnehmung der Situation zusammen, in der die Anwendung der Defibrillationstechnik überhaupt in Frage kommt. Der Konflikt zwischen Handhabungswissen und kontextueller Situationswahrnehmung wird letzten Endes durch die Interessenvertreter dieser beiden Wissensformen ausgefochten. Die Entwicklungsgeschichte des PAD ist durch das Problem gekennzeichnet, dass instrumentelles Wissen und kontextualisierte Situationswahrnehmung bzw. Situationsbewertung durch den (potentiellen) Nutzer nicht per moralischen Druckknopf abverlangt werden können. Dabei wird ein anderer Konflikt maskiert, an dem der potentielle Nutzer gerät: der Wertekonflikt zwischen dem Helfen-sollen und der unausweichlichen Verletzung der Unversehrtheit des fremden Körpers. Das technische Gerät ist dabei das Instrument der Verletzung. Durch die Sprachanwendung jedoch ist es zugleich ein Mittel, wodurch die Suggestion der menschlichen, also nicht „rein instrumentell technischen“ Unterstützung eingeholt wird.

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