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Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

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FAQ

Sektionsredner

Thiemo Breyer, M.A. (Freiburg) - Curriculum Vitae
Kognitionswissenschaft und Lebensweltphänomenologie

Abstract

Der interdisziplinäre Austausch zwischen Phänomenologie und Kognitionswissenschaft ist in den vergangenen Jahren zunehmend intensiviert und verstetigt worden. Zwei Grundströmungen lassen sich hierbei beobachten. Die Phänomenologie wird zum einen herangezogen, wenn es darum geht, die „shortcomings“ der Kognitionswissenschaft aufzuhellen. Die phänomenologische Metakritik bezieht sich dabei häufig auf den unzureichend geklärten oder ganz ausgeklammerten Begriff des Bewusstseins in der Kognitionswissenschaft, die Leiblichkeit des Menschen als kognitives System, seine Geschichtlichkeit und seine Eingebundenheit in eine soziale Welt. Zum anderen wird aber auch zunehmend versucht, die Phänomenologie als wesentlichen Bestandteil einer integrativen und interdisziplinären Kognitionsforschung zu begreifen und auf den verschiedenen Ebenen kognitionswissenschaftlicher Analyse fruchtbar zu machen. Drei Ebenen sind hier zu nennen: 1. Auf der empirischen Ebene stellt sich die Frage, wie die phänomenologisch herausgearbeiteten Strukturen des Bewusstseins in die experimentalpsychologische oder auch neurowissenschaftliche Forschung einbezogen werden können. Die Arbeiten von Shaun Gallagher zu den Möglichkeiten der Gestaltung von Experimenten anhand phänomenologischer Konzepte stellen einen wichtigen Beitrag zu dieser Problematik dar (Gallagher 2003). 2. Auf der formalwissenschaftlichen Ebene wird versucht, die phänomenologischen Erkenntnisse so zu formulieren, dass die in ihnen beschriebenen kognitiven Prozesse prinzipiell algorithmisiert und somit der kognitiven Modellierung zugeführt werden können. Ein Beispiel hierfür ist der breit angelegte Versuch von Eduard Marbach, eine phänomenologisch fundierte formale Theorie der mentalen Repräsentation zu liefern (Marbach 1993). 3. Auf der synthetischen Ebene, also der Ebene der Konstruktion von Computermodellen zur kognitiven Simulation, in die empirische Befunde ebenso eingehen wie informationstheoretische Rahmenbedingungen, wird die Phänomenologie herangezogen, um konkurrierende Modelle zu vergleichen und zu bewerten. Als wichtiges Entscheidungskriterium bei der Auswahl von kognitiven Modellen wird die phänomenologische Plausibilität bzw. reflexive Aufweisbarkeit der das System bestimmenden Prozesse eingeführt. Wie von Tim van Gelder demonstriert, lassen sich anhand dieses Kriteriums beispielsweise symbolverarbeitende und dynamische Modelle gegeneinander abwägen (van Gelder 1999).

Im Vortrag zu diesem Exposé möchte ich untersuchen, welche Funktion die Phänomenologie als Wissenschaft von der Lebenswelt im interdisziplinären Dialog mit der Kognitionswissenschaft wahrnehmen kann. Dabei kommt es auf eine Klärung des Begriffs der Lebenswelt selbst an, sodann aber vor allem auf die Möglichkeiten der Rückbindung kognitionswissenschaftlicher Konstrukte an die lebensweltliche Praxis des Menschen, an die alltägliche Weise des vortheoretischen Umgangs mit welthaft Gegebenem und des kommunikativen Umgangs mit anderen kognitiven Agenten. Dabei stellt sich die Frage, welchen Einfluss diskursive Vorverständnisse (z.B. das Menschenbild im Kognitivismus, das Informationsverarbeitungsparadigma etc.), die eine Form der passiven Vorgegebenheit darstellen, auf den Erkenntnisprozess haben und wie durch eine phänomenologische Selbstvergewisserung die in Frage stehenden kognitiven Phänomene aus der artifiziellen Experimentalsituation bzw. aus den Computermodellen des Geistes herausgelöst und in der doxischen Sphäre vorwissenschaftlicher Lebenspraxis mit ihrer Anschauungsgebundenheit fundiert werden können. In dieser Grundintention verbinden sich die beiden zuvor genannten Heransgehensweisen an das Gespräch zwischen Phänomenologie und Kognitionswissenschaft, da sich die lebensweltphänomenologische Kritik der kognitionswissenschaftlichen Verfahren und die Interpretation ihrer Ergebnisse im konkreten Durchgang durch die verschiedenen Ebenen kognitionswissenschaftlicher Forschung erst herausbildet. Es geht also nicht um eine phänomenologische Fundamentalkritik der Kognitionswissenschaft mit dem Anspruch auf Letztbegründung und Letztfundierung aller Wissenschaft durch die Phänomenologie, sondern um einen sachbezogenen Austausch über konkrete kognitive Phänomene. Gerade in diesem Austausch, der die Korrelationen zwischen phänomenologischen und kognitionswissenschaftlichen Konzepten hervortreten lässt, erweist sich in der aktuellen Situation der Wissenschaftscharakter der Phänomenologie. Als Beispielkomplex, an dem dieser Austausch praktiziert werden kann, bietet sich das Phänomen der Aufmerksamkeit und das Verhältnis von Intentionalität und Attentionalität an, auf das ich im Vortrag eingehen möchte.

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Curriculum Vitae von Thiemo Breyer, M.A.

Studium:
  • Bis 2006: Philosophie, Kognitionswissenschaft, Historische Anthropologie, Ethnologie (Freiburg, Cambridge (UK)). Abschluss: M.A.
Promotion:
  • 2009: Intentionalität und Attentionalität. Phänomenologisch-kognitionswissenschaftliche Untersuchungen zur Aufmerksamkeit. (Freiburg)
Derzeitige Universität oder Institution:
  • Universität Freiburg
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Phänomenologie und Hermeneutik
  • Kognitionswissenschaft und Philosophie der Psychologie
  • Anthropologie
Wichtigste Publikation(en):
  • On the topology of cultural memory. Different modalities of inscription and transmission. Würzburg: Königshausen & Neumann 2007.
  • Three features of perspectival content. Proceedings of the TCS 2007.
  • Tragisches Verstehen. Überlegungen zur hermeneutischen Anthropologie zwischen Clifford Geertz und Paul Ricoeur (under review).
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