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Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

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FAQ

Sektionsredner

Stephanie Over, M.A. (Aachen)
Begriff und Struktur der Kunst. Zu Wissenschaftsanspruch und Praxisrelevanz von Hegels Ästhetik

Abstract

Der wissenschaftliche Anspruch von Hegels Ästhetik besteht nicht zuletzt darin, allgemeingültige, objektive Kriterien dafür anzugeben, was Kunst als Kunst auszeichnet.

Gerade dies ist offenbar für die gegenwärtige Ästhetikdebatte wenig attraktiv. Häufig wird bezweifelt, dass es möglich ist, für das, was Kunst sei, einen Begriff angeben zu können. Der Ansatz, Kunstbegriff und Kunstwerk ins Zentrum der Ästhetik stellen zu wollen scheint verfehlt zu sein. Einwände gegen die Möglichkeit einer Kunstdefinition wurden in der Philosophie des 20. Jahrhunderts hauptsächlich von verschiedenen Varianten von Theorien ‚ästhetischer Erfahrung’ und von der sprachanalytischen Philosophie erhoben.

Bei genauerer Betrachtung derjenigen Positionen, die Zweifel an den Möglichkeiten einer Kunsttheorie äußern, zeigt sich aber, dass sie ein unabhängiges Sein der Kunst immer unterstellen und implizit immer schon allgemeine Aussagen über Kunst treffen. (Vgl. Schmücker, R.: Was ist Kunst? Eine Grundlegung. München 1998). Das bedeutet: Wir können offenbar, wenn wir etwas als Kunst ansehen, nicht anders als dabei zu unterstellen, es sei auf irgendeine Art selbständig und von anderem, was nicht Kunst ist, abgrenzbar.

Scheint man auf einen Kunstbegriff nicht verzichten zu können, so scheint das von Hegel vertretene Kunstkonzept zunächst nicht als möglicher Kandidat dafür in Frage zu kommen. Bei Hegel wird oft eine Kategorie des Kunstwerks vermutet, in der Abgeschlossenheit, Versöhnung und Harmonie den höchsten Stellenwert haben. Diese Werkkategorie sei von einem klassizistischen Schönheitsideal abhängig. Gegen eine Identifizierung von Kunst und Schönheit wird im Allgemeinen der Einwand erhoben, dass nicht alles, was künstlerisch wertvoll ist, auch im klassischen Sinne schön sei. Vor allem die moderne und postmoderne Kunst sei für eine Wissenschaft, die sich ausschließlich am klassischen Schönen orientiere, unbegreiflich. Denn an die Stelle des Schönen seien hier neue Werte getreten: Hässlichkeit im Sinne des Vulgären, Missratenen und des Geschmacklosen habe nun die höchste ästhetische Relevanz. Hegel erkenne zwar an, dass für die nachantike Kunst Schönheit nicht mehr der entscheidende Maßstab sei, werte diese Entwicklung aber insgesamt als eine Verfallserscheinung und könne deshalb nicht zu einer positiven Deutung dieser Entwicklung kommen. Er habe über diese Abwertung hinaus zu den nachantiken Kunstphänomenen nicht viel zu sagen. Von daher sei es vergeblich, bei Hegel die Antwort auf gewisse Probleme der Moderne und Postmoderne zu suchen.

Das Problem der Anwendbarkeit von Hegels Kunstbegriff spitzt sich bei Phänomenen wie Aktions- und Performancekünsten zu. Hier scheint man zwar von Kunst, aber nicht mehr in traditionellem Sinne von ‚Kunstwerk’ als einem abgeschlossenen und selbständigen Gegenstand sprechen zu können. Nicht unabhängig existierende Kunst-Objekte stehen dabei im Mittelpunkt der Kunstbetrachtung, sondern Aktionen, Bewegungen und Prozesse in die Künstler und Zuschauer gleichermaßen involviert sind. Statt Werke zu schaffen, werden Ereignisse hervorgebracht. Diesen Phänomenen kann eine Ästhetik im Sinne Hegels scheinbar kaum angemessen beikommen. Eine vornehmlich am Kunstwerk orientierte Ästhetik scheint durch die Entwicklung der modernen Kunst aus dem Gleichgewicht gebracht worden zu sein und für die neuen Ansprüche, die an sie herangetragen werden, nicht gerüstet.

Aber Kunstwerk und Ereignis müssen kein Widerspruch sein, wenn der Werkbegriff so aufgefasst wird, dass er auch die prozessualen Dimensionen von Kunst mit einschließt. Zur Beschreibung dieser Dimension des Kunstwerks kann auf Hegels Begriff des Kunstwerks als auf ein Modell zurückgegriffen werden, das die konkurrierenden Aspekte von Werkgestalt und Prozesshaftigkeit nicht als starre Opposition begreift, sondern den Versuch unternimmt, beide in einem Modell zusammenzuführen. Dieser Zugang ermöglicht, Hegels Einsichten für die Moderne fruchtbar zu machen. Das Prozesshafte wird aufgefasst als eine Dimension innerhalb der Kunst, als etwas, das dem Kunstwerk – und zwar im Prinzip jedem Kunstwerk immanent ist. Die Frage verschiebt sich von daher: Von der Opposition von Werk und Prozess in die Richtung, wie die prozesshaften Strukturen des Kunstwerks beschrieben werden können und was sie im Werk zusammenhält. Als Grundlage kann Hegels Theorie des Ideals als Handlung dienen, das sich als eine allgemeine Theorie des Kunstwerks verstehen lässt – in dem Sinne, dass die Momente dessen, was er Handlung nennt, als Strukturmomente des Kunstwerks verstanden werden können (Vgl. Hilmer, B.: Scheinen des Begriffs. Hegels Logik der Kunst. Hamburg 1997).

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