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Professor Dr. Dr. h.c. C.F. Gethmann

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FAQ

Sektionsredner

Professor Dr. Andreas Luckner (Stuttgart) - Curriculum Vitae
Zur Philosophie des Rhythmus

Abstract

In der Philosophie der Musik ist man immer wieder mit dem Problem konfrontiert, dass begriffliche Operationen mit Konzepten wie "Form" und "Inhalt", "Substanz", Akzidenz" "Raum", "Zeit" usw. sehr schnell an ein Ende kommen. So spricht es sich leicht von "musikalischen Formen", aber im Unterschied zu Formen im visuellen Bereich etwa haben wir es genau genommen im Bereich des Hörbaren mit Formentstehungsprozessen zu tun. Musikalische Form konstituiert sich im Grunde nur im Verklingen, sie ist erst und nur, wo die Gestaltantizipation aufhört. Es ist nun vor allem die Dimension des Rhythmus bzw. des Rhythmischen, also der Zeitordnung und -gestaltung, an der dieser merkwürdige Vorgang der Formbildung bzw. Formgenese auf seine begrifflichen Voraussetzungen hin untersucht werden muss, wenn man mit einer Philosophie der Musik ernst machen will. Denn eine jede Musik ist notwendiger Weise rhythmisch strukturiert (nicht dagegen aber melodisch oder harmonisch). Rhythmus ist Zeitgestalt, Rhythmisierung Strukturgenese. Eine Philosophie der Musik muss eine Philosophie des Rhythmus sein.

Untersucht werden soll das in allen Rhythmustheorien von Platon und Aristoxenos über Hegel und Schelling bis Deleuze und Meschonnic gesehene Phänomen der Bindung. Was sind die begrifflichern Voraussetzungen dafür, dass wir von einer Bindung von Ereignissen zu einer (rhytmisch-zeitlichen) Struktur sprechen können? Diese Frage ist nicht auf die Philosophie der Musik beschränkbar, sondern betrifft dann im Grunde alle philosophischen Disziplinen, die sich mit "geistigen" Strukturen beschäftigen, so vor allem die Sprach- und die Handlungstheorie. "Rhythmus" ist so gesehen das Paradigma der Struktur in statu nascendi.

Das Problem musikalischer Formbildung ist sodann reformulierbar als das Problem (inner-)musikalischer Bezugnahme. Die elementaren Modi musikalischer Bezugnahme sind aber Wiederholung und Abweichung (ohne dass wir hier semantische Beziehungen annehmen müssten); sie sind die Konstituentien musikalischen Zusammenhangs bzw. Sinns. Im Unterschied zu sprachlichen Lautketten sind musikalisch-rhythmischer Prozesse dabei notwendiger Weise isochron, d. h. in ihrem Sinn nicht von der zeitlichen Gestalt ihres Klingens abhebbar. Die Isochronie rhythmisch-musikalischen Sinns, m. a. W. die konstitutive Zeitlichkeit des Rhythmus ist wiederum Bedingung dafür, dass Wiederholung und Abweichung in der Musik formbildenden Charakter haben können. Im Unterschied zur Sprache, in der Wiederholung und Variation im Prinzip nicht nötig sind, weil die Formen schon gebildet und in einer relativ stabilen morphematisch-grammatischen Struktur abgelegt sind, auf die ein Sprecher im Sprechen jederzeit zurückgreift, sind Wiederholungen in der Musik deswegen sinnproduzierend. Eine wiederkehrende musikalische Gestalt wiederholt daher nicht einfach etwas, was schon mal gesagt wurde, noch einmal.

Musikalisch-rhythmischer Sinn, anders als sprachlicher Sinn, ist daher wesentlich zeitimmanent, zeitgebunden, eben isochron. Musik und Rhythmus ist Gestaltung der Zeit, Musik und Rhythmus verlaufen dadurch nicht nur einfach in der Zeit, sie sind Zeitgestalten. Sprache, zumindest gesprochene Sprache bzw. Rede verläuft zwar auch in der Zeit, aber ihr Sinn ist jenseits der Zeit, ja, sie macht überhaupt erst möglich, dass sie wir Zeit als Zeit erfahren können (Hyperchronie). Rhythmen zeigen also, was Sprache in ihrem Grunde ist (und nicht sagen kann; Musik haben/machen nur sprachliche Wesen). Sofern wir in die Musik, die ja nichts anderes als Zeit ist, eintauchen, haben wir durchaus keine Erfahrung der Zeit als eine verlaufende, im Gegenteil, sie wird gleichsam phänomenal getilgt, d. h. in Deckung gebracht mit zeitlichen Form unseres Lebens und Erlebens. Dies scheint auch der Grund dafür zu sein, dass Musik diese Wirkung auf uns haben kann, von der etwa Schopenhauer spricht

Das, was Musik allererst zu Musik macht, ist etwas, was – selber unhörbar – im Gehörten von diesem untrennbar (und unübersetzbar) als deren rhythmisch-zeitliche Gestalt existiert. Musikalische Form – und daher: musikalischer Sinn – beruht auf dem Phänomen der Bindung, oder genauer, um den prozessualen Charakter gegenüber schon gebildeten Formen zu betonen: des Phänomens des Bindens. Musik ist ursprünglich die Bindung des Zeitlichen (gen. subj.). Die Philosophie der Musik wird, vermittelt über den Begriff des Rhythmus, auf der Grundlage einer Philosophie der Zeit entworfen werden müssen.

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Curriculum Vitae von Professor Dr. Andreas Luckner

Studium:
  • Bis 1992: Philosophie, Musikwissenschaft, Germanistik (U Freiburg, TU Berlin). Abschluss: Dr. phil
Promotion:
  • 1992: Genealogie der Zeit. Zu Herkunft und Umfang eines Rätsels, dargestellt an Hegels Phänomenologie des Geistes (TU Berlin)
Habilitation:
  • 2002: Philosophie der Klugheit (Leipzig)
Derzeitige Universität oder Institution:
  • Stuttgart
Forschungsschwerpunkt(e):
  • Philosophie der Praxis
  • Philosophie der Musik
  • Philosophie der Technik
Berufliche Stationen:
  • 1992 - 1998: Wiss. Assistent Uni Leipzig
  • 2003 - 2006: Akademischer Rat an der Uni Stuttgart
  • 2006 - heute: apl. Professor an der Uni Stuttgart
Wichtigste Publikation(en):
  • Klugheit (de Gruyter)
  • Heidegger und das Denken der Technik (transcript)
  • Heidegger, Sein und Zeit (Einführender Kommentar)
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